Forel Klinik, Ellikon an der Thur, 1851-2013 (Fonds)

Archive plan context


Title:Forel Klinik, Ellikon an der Thur
Inhalt und Form:Der Fonds besteht aus Verwaltungsakten, Krankengeschichten der Eintrittsjahre von 1893-1989, Druckschriften und einer umfangreichen Sammlung audiovisueller Medien.
Andere Namen:Trinkerheilstätte Ellikon an der Thur (1888-1984)
Creation date(s):1851 - 2013
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Aktenbildner:Die Gründung der Forel Klinik geht zurück auf den Waadtländer Arzt und Psychiater Dr. med. Auguste Forel (1848–1931). Durch den späteren Hausvater Jakob Bosshard zur Abstinenz überzeugt, erkannte der damalige Direktor der Kantonalen Psychiatrischen Universitätsklinik Burghölzli die Notwendigkeit zur Errichtung einer Heilstätte für Alkoholkranke. Auf seine Initiative hin schlossen sich 1888 Christian Friedrich Spörri-Brunner, Kaufmann und Gutsverwalter, Dr. med. Eugen Bleuler, Direktor der Pflegeanstalt Rheinau, Pfarrer Hermann Walther Bion, Dr. iur. Rudolf Bollinger, Sekretär des "Freiwilligen Armenvereins" und die Unternehmer Theodor Pestalozzi und Johann Jakob Weber zum „Engeren Comité für die Errichtung eines Trinkerasyls“ zusammen. Da Forel Alkoholismus als Krankheit auffasste, entschied man sich anstatt des ursprünglich in Betracht gezogenen Begriffs "Trinkerasyl" für den Namen "Trinkerheilstätte". Durch den Erwerb des früheren Landhauses von Dr. Egg in Ellikon an der Thur konnten so ab Januar 1889 bis zu 24 Patienten beider Geschlechter behandelt werden. Damit war die Heilstätte in Ellikon die schweizweit erste Institution, die Alkoholkranke ausserhalb einer psychiatrischen Anstalt therapierte.
Geführt wurde die Heilstätte von der Gründung an bis ins Jahr 1974 von einem Laien. Bis 1911 amtete das Blaukreuz-Mitglied Jakob Bosshard als sogenannter Hausvater, während die psychiatrische Betreuung der Patienten von Auguste Forel und Eugen Bleuler, später auch von Friedrich Ris, dem Direktor der Pflegeanstalt Rheinau, vorgenommen wurde. Der Klinikbetrieb blieb dabei bis zur Umwandlung in eine gemeinnützige Aktiengesellschaft im Jahr 2016 in der Trägerschaft des Vereins. Zur Entlastung der Generalversammlung aller Mitglieder als höchstem Vereinsorgan, fungierte bis 1977 das Direktionskomitee, dem neben dem Vereinspräsidenten sechs weitere ehrenamtlich tätige Vereinsmitglieder angehörten. 1977 wurde das Direktionskomitee in Verwaltungsrat umbenannt und das Hausvatermodell durch eine ärztlich geführte Heilanstalt mit leitendem Arzt und Chefverwalter abgelöst.
Mit der baulichen Erweiterung durch den ersten Anbau im Jahr 1891 wurde die Bettenzahl wenige Jahre nach der Aufnahme der ersten Patienten auf 45 erhöht. Damit konnte der grossen Nachfrage nach Therapieplätzen Rechnung getragen werden. Auch war der Erwerb des Schlosses Kefikon in der Nachbarschaft Ellikons zur Errichtung einer getrennten Zweiganstalt für Frauen geplant. Als der Kauf aber 1895 scheiterte, wurden keine alkoholkranken Frauen mehr in Ellikon aufgenommen und entsprechende Anfragen an die Frauenasyle Wysshölzli in Herzogenbuchsee BE und Blumenau in Steg im Tösstal weitergeleitet. Erst durch die Statutenänderung vom 15.11.1983 waren Frauen wieder für die Therapie in Ellikon zugelassen. Parallel dazu existierte ab 1975 eine separate Entzugsklinik für Frauen. Die Trägerschaft des "Behandlungs- und Rehabilitationszentrumzentrums Hirschen Turbenthal für alkohol- und medikamentenabhängige Frauen" lag bis im Jahr 2000 wie bei der Trinkerheilanstalt in Ellikon bei einem eigenständigen, privaten Verein. Von Beginn an bestanden ein reger fachlicher Austausch und enge personellen Bindungen zwischen den beiden Heilstätten. Als der wesentlich kleinere Hirschen in den 1990er Jahren ein Zusammengehen mit einer ähnlich ausgerichteten grösseren Institution anstrebte, drängte sich deshalb eine Fusion mit der Forel Klinik auf. Ende 1999 löste sich der Hirschenverein auf und übertrug die Trägerschaft dem Verein Forel Klinik, der den Hirschen bis 2009 unter der Bezeichnung " Frauenspezifische Abteilung Hirschen Turbenthal" als eigenständiges Behandlungszentrum weiter betrieb.
Behandlungskonzept und Therapiemethoden der Forel Klinik zeichnen sich durch eine hohe Beständigkeit aus. Unter der Leitung Eugen Bleulers wurde mit der Änderung des Reglements vom 09.12.1912 eine seit der Gründung der Heilstätte im Direktionskommitee immer wieder besprochene Verlängerung der Behandlungsdauer von durchschnittlich vier Monaten auf zwölf Monate und eine viermonatige Kontaktsperre zur Aussenwelt für die Patienten festgeschrieben. Dieses Konzept blieb bis 1984 bestehen. Die Alkoholentzugs-Therapien waren dabei auf totale Abstinenz ausgerichtet. Körperliche und geistige Beschäftigung in den Angeboten der Arbeitstherapie und individuelle wie Gruppenandachtszeiten dienten als Fundament für die künftige abstinente Lebensweise. Zur Stützung der Abstinenzbemühungen Ehemaliger besteht zudem die 1895 auf Initiative des Hausvaters Bosshard gegründete Ehemaligenvereinigung "Sobrietas".
In mehreren Erweiterungs- und Renovationsphasen (1927–1933, 1949–1951, 1962–1965, 1973–1980, 1981–1988, 2012–2015) wurde die Infrastruktur der Klinik laufend erweitert. Die Bettenzahl hingegen blieb lange annährend gleich und betrug 1965 47 Plätze. Erst der Ausbau der Heilstätte zur Klinik in den 1970er- und 1980er-Jahren brachte einen markanten Anstieg an möglichen Belegplätzen auf 82. Durch die Erweiterung von 2012–2015 bot die Forel Klinik im Jahr 2016 im stationären Bereich 101 Patientinnen und Patienten Platz.
1974 wurde die Trinkerheilstätte als psychiatrische Anstalt in die kantonale Spitalliste aufgenommen und als zürcherische Heilstätte für Suchterkrankungen anerkannt, was zur Folge hatte, dass die kantonalen Beiträge nicht mehr über den Alkoholzehntel aus den Mitteln der Fürsorgedirektion, sondern direkt aus Krediten der neu aufsichtspflichtigen Gesundheitsdirektion nach Ellikon flossen. Mit der kantonalen Anerkennung ging auch eine Restrukturierung und Professionalisierung des Betriebs einher. 1975 wurde durch die Pensionierung der Hauseltern Bünzli das Hausvatersystem durch eine ärztlich geleitete Klinik abgelöst. In der Direktion amteten neu als leitender Arzt Dr. med. Gottfried Sondheimer und Gregor Schmid, der die bisherige Funktion des Hausvaters als Verwalter weiterführte. Die Modernisierung der therapeutischen Methoden war geprägt durch eine Fokussierung auf psychotherapeutische Methoden und den Einbezug interdisziplinärer Konzeptionen. Die seit 1912 angewandte ganzjährige Langzeittherapie wurde 1984 um eine sechswöchige Kurzzeittherapie und 1987 um eine dreimonatige Mittelzeittherapie ergänzt, um mit differenzierten Therapieprogrammen den unterschiedlichen Krankheitsbildern der Patienten gerecht zu werden. Eine vom leitenden Arzt Gottfried Sondheimer geplante Jugendwohngruppe zur sozialen und beruflichen Wiedereingliederung für Alkoholkranke der Altersgruppe von 18–25 Jahren scheiterte jedoch an den Finanzierungsmöglichkeiten.
Im Jubiläumsjahr 1989 konnte die 1984 zur Ehrung des Gründers in "Forel Klinik" umgetaufte Heilstätte auf ihr 100-jähriges Bestehen zurückblicken, was mit verschiedenen Veranstaltungen, einem grossen Jubiläumsfest und einer Jubiläumschronik von Dr. iur. August Reimann, Alt-Präsident des Heilstätten Vereins, gefeiert wurde. Mit der Eröffnung eines Ambulatoriums und einer Tagesklinik in der Stadt Zürich im Jahr 2012, der Tagesklinik in Frauenfeld, dem Stationären Bereich und der 2012 eröffneten und 2015 erweiterten stationären Entzugsstation zur Durchführung des körperlichen Entzugs vorgängig zur Entwöhnungstherapie wurde die bedarfsgerechte und individuelle Betreuung weiter ausgebaut. Mit der Pensionierung des Chefarztes und Direktors Dr. med. Thomas Meyer wurde das CEO-Modell eingeführt und die Funktionen der Gesamtleitung und der ärztlichen Führung getrennt.
In Anbetracht des gewachsenen Klinikbetriebs und der mittlerweile beträchtlichen Geschäftszahlen beschloss die Mitgliederversammlung 2016 auf Antrag des Vereinsvorstands, den operativen Klinikbetrieb aus dem Verein auszugliedern und in eine neu zu gründende gemeinnützige Aktiengesellschaft, die Forel Klinik AG, zu überführen. Alleiniger Aktionär der vinkulierten Aktien blieb der Verein Forel Klinik. Durch Vermögensübertragung, die rückwirkend auf den 1. Januar 2016 vollzogen werden konnte, sind der Klinikbetrieb und die mit dem Betrieb verbundenen Liegenschaften demgemäss an die neue Forel Klinik AG übertragen worden.

Präsidenten des Direktionskomitees (1889–1976) bzw. Verwaltungsrates (seit 2016)
1889–1896 August Forel
1896–1923 Eugen Bleuler
1923–1949 Arnold Studer
1949–1968 Hans Binder
1968–1979 August Reimann
1980–1991 Ronald Furger
1992–1994 Rolf Frick
1995–2009 Martin Eichenberger
seit 2009 Gitti Hug

Hausväter (1888-1975) bzw. Verwalter (1975-2009)
1888–1911 Jakob Bosshard
1911–1921 Fritz Allenbach
1922–1923 Karl Hüglin
1923–1953 Jakob Egli
1953–1960 Ernst Zollinger
1960 Jakob Egli
1961–1975 Jules und Ruth Bünzli-Bärtschi
1975–2000 Gregor Schmid
2000–2005 Kathrin Mischler Weber
2005–2009 Paula Giuliani

Chefärzte/Direktoren (seit 1972)
1972–1997 Gottfried Sondheimer
1997–2010 Thomas Meyer
2010–2013 Monika Ridinger
2013–2015 Christoph Schwejda (ad interim)
seit 2015 Anne Keller

Benutzte Quellen und Literatur:
Bleuler, Eugen: Fünfzig Jahre Trinkerheilstätte Ellikon, Sonderdruck aus: Gesundheit und Wohlfahrt 1938, Zürich 1938 (StAZH Bib. III Lg 1/1 (b))
Felix Kunz, Ingrid / Hanselmann, Beat / Kunz-Felix, Markus (Red.): 100 Jahre Sobrietas. Freundschaft ist unsere Stärke, Zürich 1995 (StAZH Bib. De 47.5)
Jahresberichte der Trinkerheilstätte Ellikon an der Thur bzw. der Forel Klinik (StAZH Bib. III Lg 1)
Reimann, August: 100 Jahre Forel-Klinik. Wirken der Heilstätte für Alkoholkranke in Ellikon an der Thur (Kanton Zürich) 1888–1988, Winterthur 1989 (StAZH Bib. Dd 1307)
Fondsgeschichte:Die Unterlagen der Forel Klinik kamen als Teil der Ablieferung 2014/120 im November 2014 ins Staatsarchiv. Neben den Unterlagen der Forel Klinik beinhaltete die Ablieferung auch Unterlagen des Behandlungs- und Rehabilitationszentrumzentrum Hirschen Turbenthal für alkohol- und medikamentenabhängige Frauen sowie der Ehemaligenvereinigung Sobrietas, die als separate Bestände erschlossen wurden.
Die Verwaltungsakten der Forel Klinik wurden - sofern sie noch vorhanden waren - vollständig übernommen. Ein definiertes Auswahlverfahren wurde lediglich bei den Personaldossiers angewendet, indem je eine inhaltliche und eine systematische Auswahl übernommen wurde. Aufgrund ihres hohen medizin- und sozialhistorischen Informationsgehalts wurden die Krankengeschichten ebenfalls vollständig übernommen. Ergänzt werden diese beiden Aktengruppen durch eine umfangreiche Sammlung an AV-Medien, bestehend aus Fotografien, Filmen und Videos sowie Tonband-Kassetten, sowie einigen wenigen Objekten und Plakaten.
Zwölf Fotoserien und ein Teil der älteren Verwaltungsakten wurden von August Reiman für die Festschrift "100 Jahre Forel-Klinik" intensiv benutzt. Dabei wurden Dokumente, die sich zu diesem Zeitpunkt noch in der ruhenden Ablage der Forel-Klinik befanden, aus dem Entstehungskontext genommen, neu zusammengestellt und mit eigenen wie mit Schriftstücken Dritter angereichert. Die ursprüngliche Ordnung der Fotoserien sowie einiger Dossiers liess sich nicht wieder herstellen.
Die innere Ordnung des Fonds umfasst die Leitung und Administration der Klinik selbst, die Liegenschaften und Infrastruktur, die Behandlung der Patienten, die Forschung und Aufklärung sowie die Zusammenarbeit mit anderen Institutionen.
Die Erschliessung wurde von November 2016 bis August 2017 unter der Leitung von Samuel Bosshart vorgenommen. Die Krankengeschichten wurden von den studentischen Mitarbeiterinnen Flurina Camenisch, Kerstin Ochsner und Julia Kühni bearbeitet. Die Verwaltungsakten und audiovisuellen Medien wurden von Samuel Bossart verzeichnet.
Legal status:Verein
Gemeinnützige Aktiengesellschaft mit dem Verein Forel Klinik als alleinige Aktionärin (ab 2016)
Access regulations:Es gelten die gleichen Einschränkungs- und Schutzfristen wie für staatliche Unterlagen.
Related material:Behandlungs- und Rehabilitationszentrumzentrum Hirschen Turbenthal
Sobrietas
Bestände:DS 500, Z 769 (Teil)
Level:Fonds
Weblinks:Website der Forel Klinik
 

Related units of description

Related units of description:Siehe:
Sobrietas, 1894-2000 (Fonds)

Fortsetzung von:
Behandlungs- und Rehabilitationszentrumzentrum Hirschen Turbenthal, 1975-2009 (Fonds)
 

Usage

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Physical Usability:Uneingeschränkt
Accessibility:[Leer]
 

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