C I, Nr. 501 (S. 1-10, Insert 1) Protokoll der Parteivorträge über die erste Klage der Vertreter von Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug im Schiedsprozess zwischen Zürich und den Eidgenossen, 1446.07.30-1446.08.20 (ca.) (Dokument)

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Identifikation und Inhalt

Ref. code:C I, Nr. 501 (S. 1-10, Insert 1)
Title:Protokoll der Parteivorträge über die erste Klage der Vertreter von Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug im Schiedsprozess zwischen Zürich und den Eidgenossen
Brief:Protokoll der Parteivorträge über die erste Klage der Vertreter von Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug im Schiedsprozess zwischen Zürich und den Eidgenossen. Die Vertreter der Eidgenossen führen in ihrer ersten Klage aus, wie sie mit Zürich in einem Bund stehen, den sie beidseitig ewig zu halten geschworen haben und der u.a. auch eine Schiedsklausel für Konfliktfälle enthält [der entsprechende Artikel des Zugerbunds von 1352 im Wortlaut zitiert]. Vor fünf Jahren haben sie diesen Bund neu beschworen [im Mai 1442, vgl. URStAZH, Bd. 6, Nr. 8782], kurz darauf aber schlossen die Zürcher einen neuen Bund mit der Herrschaft und dem Haus Oesterreich [URStAZH, Bd. 6, Nr. 8805], wobei sie den Hilfskreis sehr ähnlich wie in den eidgenössischen Bünden festlegten, weshalb die Eidgenossen der Meinung waren, dass der neue Bund ihnen nicht nützlich sei und sie die Zürcher, auch mit Hilfe von Vertretern von Bern, auf das Freundlichste baten, ihn aufzukünden und auszuliefern. Als sich die Zürcher weigerten,war ein Konfliktfall gegeben, weshalb die Eidgenossen die Zürcher für ein bundesgemässes Rechtsverfahren nach Einsideln mahnten [URStAZH, Bd. 6, Nr. 8899], dem diese sich aber wiederum verweigerten. Man erbittet deshalb Auskunft über die Gründe der Zürcher, den Bestimmungen der Bünde und der Mahnung nicht Folge geleistet zu haben. - Die Vertreter Zürichs führen in ihrer Antwort aus, tatsächlich seien sie in einem Bund mit den Eidgenossen gewesen, der es ihnen aber ausdrücklich erlaubte, weitere Bündnisse einzugehen, wie sie es mit dem König in seiner Eigenschaft als Fürst von Österreich getan haben. Dies haben sie auch den Eidgenossen erklärt und sie darauf hingewiesen, dass sie im neuen Bund (der ihnen verlesen wurde) das Römische Reich und die Bündnisse mit ihnen vorbehalten haben, weshalb man sie nicht weiter behelligen solle. Dennoch mahnten die Eidgenossen sie nach Einsiedeln ins Recht, und obwohl der eidgenössische Bund für ein Rechtsverfahren verlangt, dass Zürich einen Konflikt mit den Eidgenossen hat, was damals gar nicht der Fall war, entsandten sie Vertreter nach Einsiedeln und legten den alten und den neuen Bund vor mit der neuerlichen Bitte, sie nicht weiter zu belangen. Darüber hinaus erklärte man sich bereit, die Frage, ob die Mahnung der Eidgenossen zulässig sei, durch Ruodolf Hofmayster, damals Schultheiss, Uolrich von Erlach, gegenwärtig Schultheiss, und Ruodolf von Ringgoltingen, Ratsherr von Bern, entscheiden zu lassen. Indem die Eidgenossen dieses Rechtgebot ablehnten, setzten sie sich selber ins Unrecht. - Die Vertreter der Eidgenossen zeigen sich in ihrer Widerrede zunächst erstaunt, dass die Zürcher in der Vergangenheitsform vom Bund mit ihnen sprechen, obwohl er nach wie vor in Kraft steht. Auf die Argumentation mit der Bündnisfreiheit wollen sie nicht weiter eingehen, weil dies mit ihrer Klage gar nichts zu tun hat, die Argumentation mit dem Vorbehalt widerspricht dem tatsächlichen Verhalten der Zürcher in Sachen Bündnistreue, und das Rechtgebot auf die drei Berner ist in den eidgenössischen Bünden nicht vorgesehen, weshalb die Rückweisung zulässig war. Im Weiteren zeigen sie sich auch darüber erstaunt, dass die Zürcher bestreiten, einen Konflikt mit den Eidgenossen gehabt zu haben; wenn es kein "stoss" war, dann zumindest eine "misshellung", vor allem aber wird kein vernünftiger Mensch die Schiedsklausel der Bünde so interpretieren, dass sie nur einseitig Anwendung findet, wenn Zürich, nicht aber wenn die Eidgenossen einen Konflikt mit ihrem Bündnispartner haben. Einer solchen Interpretation widerspricht die bisherige Praxis und auch die Zürcher haben früher nie so argumentiert. Andernfalls wäre es ein "armer" pund für die eidgenössische Seite gewesen, der kaum über 90 Jahre bestanden hätte. Auch haben sich die Zürcher noch vor 6 oder 7 Jahren gegenüber Schwyz zur bedingungslosen Einhaltung der Bünde verpflichtet [1440 im Kilchberger Frieden, vgl. URStAZH, Bd. 6, Nr. 8646]; die entsprechende Urkunde soll, wenn nötig, verlesen werden. Abschliessend Appell an die Zugesetzten, in ihrem Urteil die Zürcher anzuweisen, den Bünden und Mahnungen Folge zu leisten. - Die Vertreter der Zürcher führen in ihrer Nachrede aus, sie sprechen zu Recht in der Vergangenheitsform vom Bund, da die Eidgenossen ihnen entgegen den Bünden und trotz ihrem Rechtgebot unrechtmässig abgesagt und gegen sie Krieg geführt haben, einiges an Land und Leuten eingenommen und verwüstet haben und sie so vom Bund gedrängt haben, weshalb für sie keine Pflicht mehr besteht, den Bund beizubehalten. Anschliessend werden verschiedene Punkte aus der Widerrede der Eidgenossen ohne Vorbringung neuer Argumente zurückgewiesen. Neu bringen die Vertreter der Zürcher vor, die (von den Eidgenossen angerufene) Schiedsklausel in Verbindung mit dem Mahnrecht geniesse keinen Vorrang gegenüber dem (von den Zürchern angerufenen) Artikel betreffend Bündnisfreiheit, und die drei vorgeschlagenenen Berner seien doch ihrer beider Eidgenossen gewesen. Mit der Ablehnung dieses Rechtgebots trägt die eidgenössische Seite die Schuld am Scheitern einer rechtlichen Konfliktlösung und damit auch die Schuld am Krieg. Was die Vergangenheit anbelangt, so haben die Zürcher den Eidgenossen oft in Angelegenheiten nachgegeben, ohne dass sie dazu rechtlich verpflichtet waren; was den Kilchberger Frieden anbelangt, so verweist dieser nur auf die Bestimmungen der Bünde zurück. - Die Vertreter der Eidgenossen erklären in ihrer Beschliessung, auf die Nachrede der Zürcher nicht weiter eingehen zu wollen, weil sich diese nicht auf ihre Klage bezieht. Sie behalten sich aber eine neuerliche Stellungnahme vor, sollte die Gegenseite noch neue Argumente vorbringen. - Die Vertreter der Zürcher lassen es in ihrer Beschliessung bei ihren vorangehenden Ausführungen bewenden und appellieren an die Zugesetzten, in ihrem Urteil zu bestätigen, dass Zürich die Mahnung nach Einsiedeln nicht zu befolgen hatte und durch das Verhalten der Eidgenossen auch nicht mehr verpflichtet ist, die Bünde beizubehalten, ferner dass für alle gegenseitigen Forderungen der Anlassbrief massgeblich sei.
Creation date(s):7/30/1446 - approx. 8/20/1446
Creation date(s), remarks.:Undatiert, zwischen 30. Juli und um 20. August 1446
Archival Material Types:Urkunde/Urkundenabschrift

Dokumentspezifische Merkmale

Ausstellungsort:[Kaiserstuhl]
Überlieferung:Abschrift (Insert)
City:Kaiserstuhl (AO); Zürichkrieg, Alter, Kriegsschuldfrage; Kaiserstuhl, Schiedsprozess; Zürichkrieg, Alter, Schiedsprozess; Luzern; Uri; Schwyz; Unterwalden; Zug; Eidgenossen; Eidgenossenschaft, Bünde, Zugerbund; Eidgenossenschaft, Bünde, Neubeschwörung; Zürich, Bündnis mit Österreich; Österreich, Haus; Österreich, Herrschaft; Bern, Gesandte; Zürichkrieg, Alter, Mahnschreiben; Einsiedeln (Benediktinerkloster), Schiedsprozess; Römisches Reich; Bern, Schultheiss, Erlach, Ulrich von; Bern, Schultheiss, Hofmeister, Rudolf; Bern, Ratsherr, Ringoltingen, Rudolf von; Zürich, Argumentation mit der Geschichte
Personenregister URStAZH:Hofmeister, Rudolf, Schultheiss von Bern; Erlach, Ulrich von, Schultheiss von Bern; Ringoltingen, Rudolf von, Ratsherr von Bern

Weitere Angaben

Kopien bzw. Reproduktionen:Mikrofilm
Publikationen:Edition: EA, Bd. 2, Beilage Nr. 25, S. 826-834 (nach dem Insert); Tschudi, Chronicon, Bd. 12, S. 20-32 (nach chronikalischer Vorlage)
Regest: URStAZH, Bd. 7, Nr. 9187
Level:Dokument
Ref. code AP:C I, Nr. 501 (S. 1-10, Insert 1)
 

Usage

End of term of protection:8/20/1466
Permission required:[Leer]
Physical Usability:Uneingeschränkt
Accessibility:[Leer]
 

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URL: https://suche.staatsarchiv.djiktzh.ch/detail.aspx?ID=479830
 

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