Friedensrichterämter, 1803-2014 (Abteilung)

Archive plan context


Title:Friedensrichterämter
Inhalt und Form:Friedensrichter gibt es in Frankreich seit 1790. Im Kanton Zürich wurde diese Institution als unterste Instanz des Gerichtswesens mit Beginn der Mediationszeit eingeführt. Das Gesetz betreffend die Organisation der Friedensrichter und Zunftgerichte vom 25. Mai 1803 bestimmte, dass jede Kirchgemeinde wenigstens einen Friedensrichter haben sollte, der in allen Streitsachen als erste Instanz eine gütliche Ausgleichung anzustreben habe. Gelang diese nicht, war die Streitsache an das zuständige Gericht zu weisen.
Dieser Zuständigkeit entsprechend bieten die Unterlagen der Friedensrichterämter einen farbigen und lebendigen Einblick in die niederschwelligen Konflikte, wie sie zwischen Nachbarn, Gemeindegenossen, in Familien etc. vorkommen: Ehrverletzung, üble Nachrede, Vaterschaft, Geldforderungen, Ehetrennung, Ehescheidung, Bauinhibition, Testamentsanfechtung, Erbteilung, Eigentumsschädigung usw.
Auch im gegenwärtig gültigen Gesetz über die Gerichts- und Behördenorganisation im Zivil- und Strafprozess vom 10. Mai 2010 werden die Amtskreise und die Zuständigkeit ähnlich geregelt: Jede politische Gemeinde hat mindestens eine Friedensrichterin oder einen Friedensrichter. Mehrere Gemeinden desselben Bezirks können die friedensrichterlichen Aufgaben gemeinsam besorgen lassen. Das Gesetz schreibt weiter vor, dass die Friedensrichterin oder der Friedensrichter, soweit nichts anderes bestimmt ist, Schlichtungsbehörde gemäss der schweizerischen Zivilprozessordnung ist. Diese wiederum schreibt - abgesehen von einigen Ausnahmen - vor, dass jedem Entscheidverfahren ein Schlichtungsversuch vorausgehen muss.
Zu einer spürbaren Entlastung der Friedensrichterämter kam es, als das neue Scheidungsrecht am 1. Januar 2000 in Kraft trat. Seither gehören Ehescheidungen zu den erwähnten Ausnahmen. Scheidungen auf gemeinsames Begehren der Parteien müssen also nicht mehr beim Friedensrichter eingeleitet, sondern direkt beim Bezirksgericht eingereicht werden. Aufgrund dieser Entlastung kamen kantonsweit Bestrebungen in Gang, kleinere Friedensrichterkreise zusammenzulegen.

In dieser Abteilung sind die Unterlagen verzeichnet, die seit den 1990er-Jahren in das Staatsarchiv gelangten. Es handelt sich um Unterlagen aus mehr als 150 Friedensrichterkreisen. Die älteren Ablieferungen mit den Protokollen von 1803 bis ca. 1831 sind in der Abteilung B VII zu finden.
Die Unterlagen wurden zunächst in Abteilung B XII eingereiht. Später wurden sie zu sogenannten Bezirksbeständen mit sprechenden Signaturen zusammengefasst (z. B. Bez Aff für den Bezirk Affoltern). Ein Teil dieser Bezirksbestände wurde zwischen 2003 und 2010 mit den etwa ab dem Jahr 2000 hinzugekommenen Ablieferungen ins Provenienzarchiv überführt. Die restlichen Unterlagen aus den Bezirksbeständen und die bis dahin eingetroffenen Ablieferungen folgten zwischen 2016 und 2017.
Vor 2001 konnten die Friedensrichterämter ihre Unterlagen entweder in den Bezirksgerichtsarchiven oder in den Archiven der politischen Gemeinden zur weiteren Aufbewahrung niederlegen. Seit dem Erlass der Archivverordnung der obersten Gerichte vom 16. März 2001 sind ausschliesslich die Bezirksgerichte für die Archivierung der friedensrichterlichen Geschäftsunterlagen zuständig. Die frühere Archivierungspraxis ist der Grund, weshalb die im Staatsarchiv vorhandenen Unterlagen Lücken aufweisen können. Für die fehlenden Unterlagen sind die zuständigen Gemeindearchive zu konsultieren.

Von den Bezirksgerichten ins Staatsarchiv übernommen wurden in der Regel nur die Protokolle (Spruchbücher), Geschäftsverzeichnisse, Journale und Brouillons. In den Protokollen sind die Verhandlungen vor dem Friedensrichter chronologisch verzeichnet. In den Geschäftsverzeichnissen sind die Klagen in der Reihenfolge des Eingangs beim Friedensrichteramt aufgelistet. Die Journale und Brouillons enthalten Entwürfe zu den friedensrichterlichen Erledigungsschreiben (Protokolle).
Die Verfahrensakten werden üblicherweise nicht übernommen. Als Beispiel für die Aktenlage eines zürcherischen Friedensrichteramts wurden jedoch ursprünglich die Verfahrensakten der Friedensrichterämter Rüschlikon und Hirzel vollständig übernommen. 2004 gelangten die Verfahrensakten des Friedensrichteramtes Hirzel von 1893 bis 1988 ins Staatsarchiv. 2009 entschied man, auf die Rüschliker Verfahrensakten zu verzichten und nur noch die Verfahrensakten des Friedensrichteramts Hirzel zu übernehmen. Als 2013 in der Ablieferung (2013/065) keine Akten von Hirzel enthalten waren, wich man auf die Verfahrensakten des Friedensrichteramts Hütten aus und als 2016 die kompletten und weit zurückreichenden Verfahrensakten des Friedensrichteramts Uitikon angeboten wurden, entschied man, diese ebenfalls vollständig zu übernehmen.

Benutzte Quellen und Literatur:
Gesetz über die Gerichts- und Behördenorganisation im Zivil- und Strafprozess vom 10. Mai 2010.
Verordnung der obersten kantonalen Gerichte über die Archivierung von Verfahrensakten (Archivverordnung der obersten Gerichte) vom 16. März 2001.
Ziegler, Peter: 200 Jahre Friedensrichter im Kanton Zürich 1803-2003. Wädenswil 2003 (StAZH Bib. III CCc 49).
Anleitung / Handbuch für die Friedensrichter des Kantons Zürich. 3 Bde. 1947, 1977, 1997. (StAZH Bib. III CCc 29).
Creation date(s):1803 - 2014
Running meters:116.43
Number:5850
Level:Abteilung
Weblinks:Website des Verbands der Friedensrichterinnen und Friedensrichter des Kantons Zürich
 

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Related units of description:Siehe:
B VII 251 - B VII 431 Friedensrichterämter, 1798.06.18-1848 (Klasse)
 

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