Arbeitserziehungsanstalt Uitikon, 1878-2001 (Fonds)

Archive plan context


Title:Arbeitserziehungsanstalt Uitikon
Inhalt und Form:Die Unterlagen dieses Fonds stammen fast ausschliesslich aus dem Zeitraum von 1925-1998 und weisen einen thematischen Schwerpunkt auf bei den Dossiers, welche über die Insassen der Anstalt angelegt wurden. Daneben sind Akten aus dem Bereich der anstaltsinternen Administration (v. a. rechtliche, konzeptionelle und organisatorische Grundlagendokumente, Korrespondenzsammlungen und Handakten der Anstaltsdirektion) sowie aus dem Bereich des Anstaltsbetriebs (mit vielen Fotos zu Gebäuden und zum Alltag der Insassen) enthalten.
Andere Namen:Zwangsarbeitsanstalt Uitikon (1874-1882)
Korrektionsanstalt Uitikon (1882-1926)
Creation date(s):1878 - 2001
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Number:1314
Aktenbildner:Nachdem die revidierte Kantonsverfassung von 1869 den rechtlichen Rahmen geschaffen hatte, dass an Zwangsarbeitsanstalten Staatsbeiträge ausgerichtet werden konnten, beschlossen 13 Gemeinden des Bezirks Zürich 1873, eine solche Anstalt zu errichten. Bezüglich des Standorts einigten sie sich auf das heruntergewirtschaftete und zum Verkauf stehende Schlossgut Uitikon. Die im Herbst 1874 eröffnete Zwangsarbeitsanstalt Uitikon wurde - wie andere, bereits bestehende Besserungs- und Korrektionsanstalten - als Mittel gegen die Armut gesehen, indem dort Personen, denen selbstverschuldete Bedürftigkeit vorgeworfen wurde, an Arbeit, Zucht und Ordnung gewöhnt werden und schliesslich zu einer Korrektur ihres Lebenswandels gebracht werden sollten. Die Internierung dieser Personen fand auf administrativem Weg statt, d. h. der Freiheitsentzug geschah nicht als Folge eines gerichtlichen Verfahrens mit einem strafrechtlich begründeten Urteil, sondern auf Anordnung von Verwaltungsbehörden - eine Möglichkeit, welche durch das Gesetz betreffend das Armenwesen von 1853 geschaffen worden war. Die Belegung der Anstalt blieb in den Anfangsjahren jedoch weit unter der Aufnahmekapazität von 35 Plätzen, was wachsende Betriebsdefizite zur Folge hatte. Dies führte zusammen mit dem 1879 von Zürcher Volk angenommenen Gesetz betreffend die Errichtung staatlicher Korrektionsanstalten dazu, dass die Anstalt Uitikon per 01.07.1882 in kantonalen Besitz überging.
Die Kantonalisierung der nun Korrektionsanstalt Uitikon genannten Institution änderte allerdings lange Zeit nichts daran, dass sie zeitweise unterbelegt und ihr Betrieb fast ausnahmslos defizitär blieb. Ein Wandel trat erst ein, nachdem das Zürcher Stimmvolk im September 1918 einem Kredit für den Bau eines neuen Zöglingshauses sowie im Mai 1925 dem neuen Gesetz über die Versorgung von Jugendlichen, Verwahrlosten und Gewohnheitstrinkern zugestimmt hatte und nachdem der Kantonsrat im April 1926 die Umwandlung der Anstalt in eine Arbeitserziehungsanstalt beschlossen hatte. Während die Klientel bis anhin zu einem beträchtlichen Teil aus Männern und Frauen in fortgeschrittenem Alter bestanden hatte, wurden von 1926 an in Uitikon nur noch jüngere männliche Erwachsene im Alter zwischen 18 und 30 Jahren interniert. Zudem zählten unter den neuen Gesetzesbestimmungen nicht mehr nur administrativ Eingewiesene, sondern auch nach kantonalem Strafrecht Verurteilte zur Anstaltsklientel. Mit der Einführung des gesamtschweizerischen Strafgesetzbuchs 1942 sank die untere Altersgrenze für Klienten der Arbeitserziehung auf 17 Jahre. Auch die obere Alterslimite wurde im Lauf der Zeit verändert: In den Verordnungen über die kantonale Arbeitserziehungsanstalt Uitikon von 1972 und 1979 wurde sie auf 23 bzw. 25 Jahre gesenkt. Die Aufnahmekapazität und die Belegungszahlen stiegen ab den 1920er-Jahren stetig an: Der 1920 fertiggestellte Neubau bot Platz für 50 Insassen, durch einen weiteren Ausbau wurde die Kapazität 1937 auf 80 Plätze erweitert. Die Anstalt war während dieser Zeit oft überbelegt; 1946 wurde mit 90 Insassen der Höchststand erreicht.
Als Zweck der Versorgung von Personen in der Arbeitserziehungsanstalt wurde im Gesetz von 1925 festgeschrieben, die Eingewiesenen an ein geordnetes, tätiges Leben zu gewöhnen durch Erziehung zu einer Arbeit, die ihren Fähigkeiten entspricht und sie befähigt, ihren Unterhalt zu erwerben. Den grössten Teil der Anstaltsarbeitskraft absorbierte bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts die Landwirtschaft. Durch regelmässigen Zukauf von Land wurde der Gutsbetrieb stetig aufgewertet; mit 63 Hektaren erreichte die Anbaufläche 1968 ihre grösste Ausdehnung. Ab Ende der 1950er-Jahre verlor die Landwirtschaft jedoch an Bedeutung für die Arbeitserziehung, das Ausbildungsangebot wurde diversifiziert: zunächst durch die Einrichtung einer Schreinerei, einer Gemüsegärtnerei, einer Schlosserei und einer Malerei-Werkstatt, später durch die Ansiedlung von privatwirtschaftlichen Gewerbebetrieben auf dem Anstaltsareal, welche Praktikums-, Abklärungs- und Arbeitsplätze anboten.
Die grössten baulichen Veränderungen seit der Umwandlung der Korrektions- in eine Arbeitserziehungsanstalt fanden in der zweiten Hälfte der 1930er-, Mitte der 1950er- und Ende der 1970er-Jahre statt. Die erste Erweiterung umfasste bauliche Verbesserungen in den Anstaltsgebäuden, neue Ökonomiegebäude und ein Angestelltenwohnhaus. Im zweiten Ausbauschritt wurden u. a. ein Werkstattgebäude, eine Garage und Angestelltenwohnhäuser neu erstellt. Die dritte Bauphase schliesslich bestand in der Errichtung einer geschlossenen Abteilung und dem Ausbau der offenen Abteilung. Die Eröffnung der letztgenannten Um- und Neubauten im Oktober 1979 war mit einer Anpassung des Erziehungskonzepts verbunden, welches nun vorsah, dass die Eingewiesenen der Reihe nach die Stufen der geschlossenen Eintrittsabteilung (maximal 6 Monate), der offenen Abteilung und der Wohngruppe durchliefen.
In institutioneller Hinsicht war die Anstalt Uitikon nach ihrer Kantonalisierung zunächst wechselweise den für das Gefängniswesen oder für die Justiz und die Polizei zuständigen Direktionen unterstellt. 1923 wurde sie der Direktion der Justiz zugeordnet. Die nächste Änderung ergab sich erst Ende der 1990er-Jahre: Im Zug der kantonalen Verwaltungsreform gelangte die Arbeitserziehungsanstalt per 01.01.1999 ins neu geschaffene Amt für Justizvollzug in der Direktion der Justiz und des Innern.

Verwalter/Direktoren:
1874-1885 Jakob Lutz-Rotach, von Thal SG
1886-1901 Arnold Gross, von Wangen
1901-1926 Kaspar Derrer, von Oberglatt
1926-1957 Fritz Gerber-Boss, von Röthenbach BE
1957-1963 Willy Demuth-Hartmann
1963-1975 Bernhard Conrad
1975-1986 Ueli Merz
1987-2001 Victor Gähwiler

Benutzte Quellen und Literatur:
Abstimmungsarchiv des Kantons Zürich
Offizielle Sammlung der seit 10. März 1831 erlassenen Gesetze, Beschlüsse und Verordnungen des Kantons Zürich
Protokolle des Zürcher Kantonsrats
Protokolle des Regierungsrats des Kantons Zürich
Geschäftsberichte des Regierungsrats des Kantons Zürich
Staatskalender des Kantons Zürich
Furger, Sonja: Uitikon und seine Anstalt: eine Beziehungsgeschichte, in: Weihnachts-Kurier Uitikon, 28.-30. Jg. (2007-2009)
Fondsgeschichte:Die im April 1980 abgelieferten Akten der Arbeitserziehungsanstalt wurden im Fonds P 1301 im Pertinenzarchiv verzeichnet. Ein Teil davon, nämlich die Dossiers mit den Signaturen P 1301.20 - P 1301.62, wurden in den Jahren 2002-2005 aus konservatorischen Gründen als Bestand Z 84 nacherschlossen. Es handelt sich dabei um Dossiers von Insassen mit Eintrittsjahren von 1925-1938.
Mit den Ablieferungen 1992/030 und 1993/015 der Arbeitserziehungsanstalt sowie der Ablieferung 2007/006 des Massnahmenzentrums Uitikon gelangten eine Auswahl der angebotenen Dossiers von Insassen mit Eintrittsjahren von 1938-1980 sowie vereinzelte Verwaltungsakten ins Staatsarchiv. Sie wurden als Bestand Z 307 unter der Leitung von Josef Zweifel und Bettina Tögel durch eine Praktikantin von März bis Oktober 2008 erschlossen.
Im Dezember 2009 lieferte das Massnahmenzentrum Uitikon Unterlagen ab, die sowohl die Zeit vor als auch die Zeit nach der institutionellen Neueinteilung der Arbeitserziehungsanstalt ins Amt für Justizvollzug der Direktion der Justiz und des Innern am 01.01.1999 betrafen. Sie wurden durch Christoph Lengstorf von November 2010 bis Oktober 2011 gesamthaft als Bestand Z 433 erschlossen, jedoch in zwei verschiedenen Fonds verzeichnet: die Akten mit Anfangsjahren vor 1999 im hier beschriebenen Fonds Arbeitserziehungsanstalt Uitikon, die Akten mit Anfangsjahren ab 1999 im Fonds Massnahmenzentrum Uitikon. In Bezug auf die Aktengruppen wies die Ablieferung 2009/120 ein breites Spektrum auf. Neben Insassendossiers aus dem Eintrittsjahren 1980-1994 umfasste sie u. a. Grundlagenpapiere, Sitzungsprotokolle, Berichte, Korrespondenz und Handakten der Anstaltsleitung, Kontrollen und Rapporte aus dem Bereich des Erziehungsvollzugs sowie eine Sammlung analoger und digitaler Fotografien zu Gebäuden und Bauprojekten, zum Arbeitsbetrieb und zu sonstigen Aktivitäten und speziellen Anlässen in und ausserhalb der Anstalt.
Nicht von der Arbeitserziehungsanstalt Uitikon, sondern von der Kantonalen Strafanstalt Regensdorf abgeliefert (Ablieferung 1993/039) wurde eine von Anstaltsdirektor Bernhard Conrad (später Direktor der Strafanstalt Regensdorf) anfangs der 1970er-Jahre angelegte Unterlagensammlung zum Thema "Erziehungsanstalten unter Beschuss". Sie wurde als Teil des Bestands Z 403 durch Bettina Tögel von Februar 2011 bis Oktober 2013 erschlossen.
Der Fondsbeschrieb wurde von Matthias Wild im Juni 2019 angefertigt.
Related material:Weitere Akten der Anstalt Uitikon finden sich im Pertinenzarchiv in der Abteilung P (v. a. unter den Signaturen P 304, P 911, P 1301 und PP 75 - PP 79) sowie in der Abteilung R (v. a. unter den Signaturen RR I 66, RR II 129 c und RR II 144 - RR II 148).
Amtsdruckschriften zur Anstalt Uitikon: III Cd 7/1, III Cd 7/2, III CCd 7.
Bestände:DS 105, Z 84, Z 307 (Teil), Z 403 (Teil), Z 433 (Teil)
Level:Fonds
 

Related units of description

Related units of description:Siehe:
PP 75 - PP 77 Uitikon, 1879-1909 (Klasse)

Siehe:
P 304 Korrektionsanstalt Uitikon, 1875-1925 (Klasse)

Siehe:
P 1301 Direktion des Gefängniswesens bzw. Justizdirektion, Arbeitserziehungsanstalt Uitikon, 1874-1980 (ca.) (Fonds)

Fortsetzung siehe:
Massnahmenzentrum Uitikon MZU, 1999-2009 (Fonds)

Siehe:
RR I 66 Inventar der Korrektionsanstalt Uitikon, 1882-1940 (Klasse)

Siehe:
RR II 129 c Rechnung der Korrektionsanstalt Uitikon, resp. Jahresrechnung der kantonalen Arbeitserziehungsanstalt Uitikon, 1873.11-1966 (Klasse)

Siehe:
RR II 148 Zöglingskasse der Arbeitserziehungsanstalt Uitikon, 1935.05-1939.12 (Klasse)

Siehe:
P 911 Korrektionsanstalten Uitikon und Kappel am Albis, 1910-1923 (Klasse)

Siehe:
RR II 144 Kassabücher der Verwaltung der Korrektionsanstalt, resp. der Arbeitserziehungsanstalt Uitikon, 1874-1939 (Klasse)

Siehe:
RR II 144 a Hauptbücher der Verwaltung der Korrektionsanstalt Uitikon, 1902-1909 (Klasse)

Siehe:
RR II 145 Haushaltungsbuch der Verwaltung der Korrektionsanstalt Uitikon, 1886-1906 (Dossier)

Siehe:
RR II 146 Kontobücher der Gutswirtschaft der Korrektionsanstalt Uitikon, 1884-1901 (Klasse)

Siehe:
RR II 147 Kopierbücher der Verwaltung der Korrektionsanstalt Uitikon, 1878.12-1908.02 (Klasse)
 

Usage

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