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J Archiv des Klosters Rheinau, 09. Jh.-19. Jh. (Fonds)
Ref. code: | J |
Title: | Archiv des Klosters Rheinau |
Creation date(s): | 9th cent. - 19th cent. |
Running meters: | 33.00 |
Aktenbildner: | Das ehemalige Benediktinerkloster Rheinau, im nördlichen Teil des Kantons Zürich, am Rhein und einige Kilometer unterhalb von Schaffhausen gelegen, wurde vermutlich 778 gegründet. König Ludwig der Deutsche verlieh ihm 858 freie Abtwahl und Immunität. 1455 stellte Abt Eberhard Schwager das bis dahin reichsfreie Kloster unter den Schutz der sieben eidgenössischen Orte. Das Kloster überdauerte die Reformation, obwohl seither weitgehend in protestantischem Gebiet liegend. In den Franzosenkriegen 1798 wurde das Kloster schwer geschädigt, 1799 durch die französische Verwaltung aufgehoben und 1803, mit der Mediationsverfassung, wieder hergestellt. Gleichzeitig wurden damals Kloster und das gleichnamige Städtchen Teil des Kantons Zürich. Nach 1832 griff der Kanton Zürich zusehends in die Rechte des Klosters ein und hob es schliesslich durch Gesetz vom 22. April 1862 auf. Am 22. August 1862 verliessen die letzten Konventualen das Kloster. |
Fondsgeschichte: | Mit der Aufhebung des Klosters gelangte das Stiftsvermögen an den Staat. Das Archiv des Klosters gelangte 1864 grundsätzlich ans Staatsarchiv, wo die (Pergament-)Urkunden (inkl. Kartular von Rheinau) ausgesondert, chronologisch geordnet und durchnummeriert wurden (Fonds C II 17 mit 1509 Urkunden aus dem Zeitraum 858 bis 1795).
Die Akten und Bände wurden zunächst nach der Ordnung, wie sie im Kloster seit 1750 bestand und in KAT 361 - KAT 370 dokumentiert ist, aufgestellt. Im Archivplan von Staatsarchivar Paul Schweizer vom Ende des 19. Jahrhunderts wurde das Rheinauer Archiv dann zur Abteilung J. Dabei behielten die Akten ihre Ordnung, wurden aber neu signiert. Demgegenüber wurden die Bände neu geordnet und alphabetisch nach ihren Titeln aufgestellt und fortlaufend signiert. 1909 wurde der Fonds mit fünf Bänden "Historica" (J 431 - J 435) ergänzt, die antiquarisch erworben werden konnten. Davon betrifft J 435 das Kloster Reichenau. Akten (J 1 - J 123) und Bände (J 124 - J 435) umfassen heute 331 Bände, 133 Mappen und 26 Hefte (im Umfang von 33 Laufmetern). Die Rheinauer Alt-Signaturen gemäss KAT 361 - KAT 370 sind im Feld Aktenzeichen nachgewiesen. Die Unterlagen betreffen ihrem Entstehungszweck und Inhalt nach die ökonomischen und herrschaftlichen Rechte des Klosters. Es finden sich Verzeichnisse über Besitz und Abgaben (insbesondere Urbare), Aufzeichnungen über Rechtshandlungen (insbesondere Erwerb, Verkauf oder Ausscheidung von Gütern und Rechten) und über deren Verwaltung (Rechnungen über den Bezug von Einkünften, Ausgaben). Klösterlicher Besitz in der näheren und weiteren Umgebung von Rheinau bestand sowohl in Gütern als auch in Rechten, zum Beispiel in Form von niederen Gerichten oder Kollaturrechten. So geben die Akten und Amtsbücher Auskunft nicht nur über die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klosters selbst, sondern über viele Themen der Landes- und Ortsgeschichte, wie zum Beispiel Besetzung von Pfarrstellen; Verwaltung der Gemeinde-Kirchengüter; Erhebung von Steuern; Ausübung des niederen Gerichts; Kriegsschäden; Dorfrechte; wirtschaftliche und soziale Verhältnisse der Gemeinden; Jagd- und Fischereiwesen; Jahrzeitstiftungen; Einkünfte und Ausgaben; Grenz- bzw. Güterbeschreibungen; Zinsbereinigungen und dergleichen mehr. Da sich der Rheinauer Besitz an Rechten und Gütern über die heutigen Grenzen des Kantons Zürich hinaus erstreckte, finden sich im Rheinauer Archiv auch Quellen zur Geschichte von Orten wie Ofteringen (bis 1858, heute Wutöschingen, Baden-Württemberg), Mammern (bis 1848, Kanton Thurgau), den Gemeinden im Klettgau und anderen Gegenden mehr.
Rund 40 Karten und Pläne gelangten in die Plansammlung des Staatsarchivs, wo sie heute die Abteilung PLAN F bilden, zusammen mit weitaus mehr Karten und Plänen staatlicher Provenienz aus den folgenden Jahrzehnten.
Die vom letzten Abt von Rheinau Leodegar Ineichen persönlich verwalteten Archivalien ("3 alte Kästen aus dem Gang, in denen das Abbatial-Archiv sich befindet"), die ebenfalls Urkunden, Akten und Bände umfassten, gelangten zusammen mit einzelnen Gemälden, Grafiken, Karten und Plänen 1863 nach Einsiedeln (heute Klosterarchiv Einsiedeln [KAE] Rheinau, unter Beibehaltung der Rheinauer Alt-Signaturen bei den Akten und Urkunden sowie Neusignierung der Bände mit R 1 - R 525 bzw. R 570, wobei R 100 - R 113 mit Urbaren, Hofrechten und Zehntverzeichnissen eigentlich zu den Beständen des Staatsarchivs gehören). - Ein anderer, kleinerer Teil mit Urkunden und Akten gelangte an das katholische Pfarrarchiv Rheinau (PfarrA Rheinau IV 1, unter Beibehaltung der Alt-Signaturen).
Vgl. zur Aufteilung der Archivalien zwischen StAZH, KAE und PfarrA Rheinau im Einzelnen die Angaben bei KAT 361 - KAT 370. Die Bestände im Klosterarchiv Einsiedeln sind über die Archivdatenbank des KAE zugänglich, die Bestände im Pfarrarchiv Rheinau über das Archivverzeichnis GA 116.11 (bei Otto Sigg, Archivführer der Zürcher Gemeinden und Kirchgemeinden sowie der städtischen Vororte vor 1798, Zürich 2006, S. 47 nur pauschal erwähnt; kein Mikrofilm im Fonds TAI 1).
Die Bibliothek des Klosters Rheinau mit Handschriften und Druckwerken gelangte 1864 grundsätzlich an die Kantonsbibliothek (die heutige Zentralbibliothek Zürich; heute 213 mittelalterliche, zumeist Pergamenthandschriften und 233 neuzeitliche Papierhandschriften), die Münzsammlung an die Antiquarische Gesellschaft in Zürich (heute im Schweizerischen Landesmuseum Zürich; der Katalog von 1767 in ZB Zürich, Ms. Rh. hist. 178), die Kunstsammlungen (zum Teil ebenfalls über die Antiquarische Gesellschaft in Zürich) unter anderem an Museen in Winterthur und Zürich. Weitere Kulturgüter einschliesslich Mobiliar gingen an die heutige kantonale Psychiatrische Klinik Rheinau über. Daneben verbrachte der letzte Abt von Rheinau Leodegar Ineichen eine Reihe von Handschriften (vor allem Konventualakten und Diarien), die im Kloster gesondert aufbewahrt worden waren, 1863 ebenfalls nach Einsiedeln; nach seinem Tod kamen 1878 weitere dazu (heute 56 mittelalterliche und 82 neuzeitliche Handschriften). Einzelne Rheinauer Handschriften gelangten unter anderem nach Engelberg sowie Berlin, Karlsruhe und München. Vieles aus Bibliothek und Sammlungen sowie dem Naturalienkabinett ging im Zusammenhang mit der Aufhebung des Klosters aber auch verloren oder wurde veräussert. Im Rahmen der Kunstdenkmäler-Inventarisation des Kantons Zürich konnte Hermann Fietz 1938 von ursprünglich 2376 Gegenständen noch 158 Nummern verzeichnen. Literaturhinweise:
Allgemeines - Zimmermann, Helena: Artikel "Rheinau (Kloster)", in: HLS, Bd. 10, Basel 2011, S. 279-281 - Helvetia Sacra, Abt. 3, Bd. 1, Teil 2, S. 1101-1165, bes. S. 1121 (Archivgeschichte) - Gropengiesser, Fritz: Der Besitz des Klosters Rheinau bis 1500, Zürich 1939
Archiv - Handbuch der Historischen Buchbestände in der Schweiz, bearb. von Urs Leu u. a., Bd. 3, Hildesheim u. a. 2011, S. 359-360 (Druckschriften im Fonds J) - Keller, Stefan V. mit einem Exkurs von Peter Niederhäuser: Das Rheinauer Archiv im Kloster Einsiedeln. Von der treuhänderischen Obhut zum Vermächtnis, in: Äbte, Amtsleute, Archivare. Zürich und das Kloster Einsiedeln, hg. von Peter Niederhäuser und Andreas Meyerhans, Zürich 2009 (MAGZ. 76), S. 125-139 - Henggeler, Rudolf: Das Rheinauer Archiv in Einsiedeln, in: Archivalia et Historica. Festschrift für Prof. Anton Largiadèr, Zürich 1958, S. 51-60, bes. S. 54
Handschriften und Druckwerke - Mohlberg, Leo Cunibert: Mittelalterliche Handschriften, Zürich 1952 (Katalog der Handschriften der Zentralbibliothek Zürich. 1), S. 157-264 (Rh., Rh. hist.; katalogisiert 1936) - Gagliardi, Ernst und Forrer, Ludwig: Neuere Handschriften seit 1500 (ältere schweizergeschichtliche inbegriffen), Zürich 1982 (Katalog der Handschriften der Zentralbibliothek. 2), S. 11, Sp. 1651-1668 (Rh. hist.; katalogisiert 1936) - Katalog der datierten Handschriften in der Schweiz in lateinischer Schrift vom Anfang des Mittelalters bis 1550, bearb. von Beat Matthias von Scarpatetti, Rudolf Gamper und Marlis Stähli, Bd. 3, Dietikon-Zürich 1991 - Inkunabelkatalog der Zentralbibliothek Zürich, hg. von Christian Scheidegger unter Mitarbeit von Belinda Tammaro, 2 Bde., Baden-Baden 2008-2009, bes. Bd. 1, S. 30-34 - Gelehrte Mönche im Kloster Rheinau. Inkunabeln, Drucke und Handschriften. Zentralbibliothek Zürich. Zürich 2009 (Auch erschienen als Librarium 52, 2009, Heft II/III) - Die Bibliothek des Benediktinerklosters Rheinau in der Zentralbibliothek Zürich. Librarium 48, 2005, Heft I - Lang, Odo OSB: Katalog der Handschriften in der Stiftsbibliothek Einsiedeln, Teil 2 (Codices 501-1318), Basel 2009, bes. S. XIII - Handbuch der Schweizer Klosterbibliotheken, hg. von der Stiftsbibliothek St. Gallen, bearb. von Albert Holenstein, Basel 2022, S. 301-305
Münzsammlung, Kunstsammmlungen, Kulturgüter - Die Kunstdenkmäler des Kantons Zürich. Bd. 1: Fietz, Hermann, Die Bezirke Affoltern und Andelfingen, Basel 1938, S. 332-362 - Fietz, Hermann. Das Kunstkabinett des Klosters Rheinau, in: Zürcher Taschenbuch NF 60, 1940, S. 169-182 - Albert Jörger, Inventar der Kulturgüter der Kantonalen Psychiatrischen Klinik Rheinau ZH. Katalog, Stand per 31. Dezember 2000 mit Nachtrag per 1. Juli 2000, 5 Bde., 2001 [StAZH Bib. Dk 313 RP] |
Level: | Fonds |
Ref. code AP: | J |
Weblinks: | Rheinauer Archiv im Klosterarchiv Einsiedeln (Online-Katalog) |
| Mittelalterliche Handschriften aus der Klosterbibliothek von Rheinau in der ZB Zürich (Katalog von Mohlberg) |
| Neuzeitliche Handschriften aus der Klosterbibliothek von Rheinau in der ZB Zürich (Katalog von Gagliardi/Forrer) |
| Druckwerke aus der Klosterbibliothek von Rheinau in der ZB Zürich |
| Fietz 1940 |
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Related units of description |
Related units of description: | Siehe: C II 17 Rheinau (Benediktiner), 0852-1795.01.26 (Fonds)
Siehe: GA 116.11 Verzeichnis des römisch-katholischen Pfarrarchivs Rheinau \ angefertigt von A. Zöbeli, 1967-1968 (Dossier)
Siehe: KAT 336 Neuburg und Mammern, Gerichtsherrschaft: Inventar aller Gewahrsamen (Urkunden, Akten und Bücher), 1622 (Dossier)
Siehe: KAT 361 - KAT 374 Rheinau, Benediktinerkloster (C II 17, J), 1750-1920 (Klasse)
Siehe: PLAN F Kloster und Pflegeanstalt Rheinau, 1619-1982.05.04 (Fonds)
Versetzt von: [F I 362 - F I 374] Bände aus dem Bestand des Klosters Rheinau (Klasse)
Siehe: X 244 Protokoll des geistlichen Gerichts des Klosters Rheinau, 1787-1793 (Dossier)
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