Psychiatrische Poliklinik, 1912-2003 (Fonds)

Archive plan context


Title:Psychiatrische Poliklinik
Inhalt und Form:Die Unterlagen der Psychiatrischen Poliklinik beinhalten verschiedene Verzeichnisse und Karteien, beispielsweise Patientenkarteien und Diagnoselisten, sowie Gutachten und Krankengeschichten der ambulant und stationär behandelten Patienten. Ergänzt werden diese Unterlagen durch Korrespondenz aus der Verwaltungstätigkeit und einzelne Aufnahmen der Klinikgebäude.
Andere Namen:Universitätspoliklinik für Gemütskranke
Psychiatrische Universitätspoliklinik für Nervöse und Gemütskranke
Creation date(s):1912 - 2003
Running meters:267.20
Number:72310
Aktenbildner:Die Anfänge einer poliklinischen Tätigkeit der Ärzte des Burghölzli gehen auf August Forel zurück. Er hatte sich 1887 an der Universität Nancy in Hypnose ausbilden lassen und wandte die neue Behandlungsmethode bei Kranken der Klinik und bei Angehörigen des Personals an. Auch gab er ab Wintersemester 1887/1888 für Medizinstudenten einen Kurs in Hypnotismus, in dem er ambulante Patienten behandelte. Daraus entwickelte sich eine Sprechstunde, über die im Jahresbericht der Klinik von 1911 erstmals separat Rechenschaft abgelegt wurde. Die rasche Zunahme der unentgeltlich behandelten Patienten veranlasste die Regierung 1913, Räume im Haus Belmont (Rämistrasse 67) zur Verfügung zu stellen.
Auf den 1. Januar 1917 wurde Hans Wolfgang Maier zum Oberarzt der Psychiatrischen Universitätsklinik PUK und gleichzeitig zum selbständigen Leiter der Poliklinik ernannt. Dazu erhielt er einen Lehrauftrag für die zweimal wöchentlich stattfindenden Krankenvorstellungen für Medizinstudenten.
Die wachsende Patientenzahl führte auch am neuen Ort zu einer Raumnot. Schliesslich fand die Psychiatrische Poliklinik 1923 im Haus Zum Lindenegg (Untere Zäune 2) eine passende Unterkunft. Bis 1928 war die Sprechstunde der Poliklinik unentgeltlich und in erster Linie für minderbemittelte Kranke gedacht. Die Poliklinik sei "für die unbemittelten Stände das, was den Wohlhabenden die Sanatorien für 'Nervöse' und die Spezialärzte für Gemütskranke sind", so Eugen Bleuler im Jahresbericht 1914.
Die Zahl der Patienten und der Konsultationen, die an sechs Nachmittagen wöchentlich erteilt wurden, nahm weiter zu, ebenso die Zahl der von Gerichts- und Vormundschaftsbehörden erteilten Aufträge für Gutachten. 1924 ist im Jahresbericht erstmals die Begutachtung zahlreicher Frauen im Hinblick auf einen Schwangerschaftsabbruch erwähnt.
Am 18. Juli 1954 bezog die Poliklinik den Pavillon II auf dem Areal des Kantonsspitals (Gloriastrasse 23), was einen wichtigen Schritt zur Integration der Psychiatrie in die übrigen medizinischen Institutionen bedeutete. Administrativ wurde die Psychiatrische Poliklinik damit dem Kantonsspital unterstellt, während das Ambulatorium weiterhin bei der Verwaltung der PUK lag.
Am 1. November des gleichen Jahres wurde im hinteren Teil des Pavillons unter dem Namen "psychiatrische Beobachtungsstation" eine stationäre Abteilung mit zwölf Betten eingerichtet. Sie war mehr auf politischen als medizinischen Wunsch gegründet worden, um den Patienten den Makel einer Aufnahme in die psychiatrische Klinik zu ersparen. Behandelt wurden hauptsächlich Neurosen und Persönlichkeitsstörungen. In den ersten vier Jahren bildete sie eine mit der Poliklinik zusammenhängende Einheit unter der Leitung des Oberarztes, der die psychiatrische Poliklinik führte. 1959 wurde ihr Name in "Stationäre Behandlungsabteilung der psychiatrischen Poliklinik" geändert und die Abteilung somit auch von der Bezeichnung her der Poliklinik untergeordnet.
Früh wurden in dieser Abteilung Methoden der Psychotherapie erprobt, die damals noch Neuland waren, zum Beispiel eine Gruppentherapie. Sie wurde 1968 zum Prinzip der therapeutischen Gemeinschaft erweitert, die Patienten und Personal gemeinsam einbezog. Auch wurde ein Klub für entlassene Patienten gegründet, um die häufige Vereinsamung und Isolierung seelisch kranker zu durchbrechen.
Die Zahl der in der psychiatrischen Poliklinik untersuchten und behandelten Patienten stieg, abgesehen von den Kriegsjahren, kontinuierlich an. Meist waren vier Assistenzärzte neben dem teilzeitlich anwesenden Leitenden Arzt und einem Oberarzt der PUK beschäftigt. Sprechstunde war ab 1954 an fünf Nachmittagen der Woche.
Da die Begutachtungen im Hinblick auf einen Schwangerschaftsabbruch eine grosse Arbeitsbelastung bedeuteten, mussten ab 1958 Zuweisungen für diesen Zweck auf die kantonale Frauenklinik und einige Bezirksspitäler begrenzt werden.
1965 wurde die Voranmeldung der Patienten mit Zuteilung eines festen Termins eingeführt. Dadurch konnten zwar überfüllte Wartezimmer vermieden werden, aber es mussten Wartefristen von ein bis zwei Wochen bis zur ersten Konsultation in Kauf genommen werden.
Eine grosse Sorge bestand darin, neben den vielfältigen Aufträgen zu Abklärungen und Begutachtungen Zeit für eingehende psychotherapeutische Behandlungen zu reservieren. 1949 hatte der Direktor der PUK die Professoren Gustav Bally und Medard Boss nebenamtlich mit der Supervision von tiefenpsychologisch/psychoanalytisch orientierten Therapien beauftragt. Diese Massnahme erlaubte es den Assistenzärzten der Poliklinik, eine begrenzte Anzahl solcher Therapien unter fachkundiger Anleitung durchzuführen.
Auch die neu in die Psychiatrie eingeführten Psychopharmaka wurden ab 1955 zunehmend häufiger eingesetzt. Sie erlaubten es, chronisch Kranken, eine Krise ambulant zu überwinden, und neu Erkrankten, eine Hospitalisation zu vermeiden.
1963 wurde der Poliklinik die Stelle einer eigenen Sozialarbeiterin bewilligt. Hinzu kam 1969 eine zweite zur speziellen Betreuung von Patienten, die nach einem Suizidversuch in einer der Kliniken des Kantonsspitals aufgenommen worden sind.
Nach dem Rücktritt von Manfred Bleuler wurde die PUK neu organisiert und die Poliklinik aus den bisherigen administrativen und personellen Bindungen zum Burghölzli gelöst. Sie wurde ab 16. Oktober 1969 einer eigenen Direktion unterstellt, der Leitende Arzt zum ausserordentlichen und ab 1975 zum ordentlichen Professor für psychiatrische Poliklinik, Psychotherapie und psychosomatische Krankheiten gewählt und die Poliklinik ganz in den Verband der Kliniken des Kantonsspitals integriert.

Leitende Ärzte bis zur Integration in das Kantonsspital
1917-1927 Hans Wolfgang Maier
1927-1929 John E. Staehelin
1929-1932 Hans Bänzinger
1932-1957 Alfred Glaus
1957-1987 Hans Kind

Benutzte Quellen und Literatur:
Kind, Hans: Die Psychiatrische Poliklinik im Universitätsspital, in: Zürcher Spitalgeschichte, Bd. 3, hrsg. v. Regierungsrat des Kantons Zürich, Zürich 2000, S. 542-547.
Fondsgeschichte:Die Korrespondenz und die Aufnahmen der Klinikgebäude kamen mit der Ablieferung 2002/041 ins Staatsarchiv. Sie wurden als Teil des Bestands Z 99 ab Februar 2011 erschlossen.
Die Patientendokumentationen, Gutachten und Verzeichnisse gelangten mit der Ablieferung 2008/122 ins Staatsarchiv. Aufgrund ihrer Grösse wurde die Ablieferung in insgesamt 19 Bestände unterteilt von denen 13 die Zeit betreffen, in der die Psychiatrische Poliklinik der PUK unterstand.
Die ersten drei Teile wurden unter der Leitung von Regula Giger von Mai 2013 bis Juni 2014 erschlossen, und zwar Bestand Z 570 durch Mathias Ulrich und Barbara Dürr, Bestand Z 571 durch Flurina Camenisch und Praktikanten und Bestand Z 572 durch Nicole Ruggle, Elias Oswald und Praktikanten.
Der vierte Teil umfasst Krankengeschichten von stationären Patienten und wurde unter der Leitung von Regula Giger als Bestand Z 620 durch Dominic Meyer, Elias Oswald und Praktikanten von Mai 2014 bis Februar 2015 erschlossen.
Der fünfte Teil wurde als Bestand Z 650 durch Dr. Barbara Stadler von April 2014 bis Mai 2015 erschlossen.
Weiter wurde der sechste Teil als Bestand Z 651 wieder unter der Leitung von Regula Giger durch Beatrix Jöhl und Armin Gockenbach von Mai 2014 bis Februar 2015 erschlossen.
Der siebte Teil wurde als Bestand Z 670 unter der Leitung von Jonilla Keller durch Aushilfen und Praktikanten von Februar 2015 bis Januar 2016 erschlossen.
Der achte bis elte Teil wurde wiederum unter der Leitung von Regula Giger durch Silja Landolt, Beatrix Jöhl und diverse Praktikanten erschlossen, und zwar Bestand Z 679 von Dezember 2015 bis März 2016, Bestand Z 700 von März bis Oktober 2015, Bestand Z 720 von April 2015 bis Januar 2016 und Bestand Z 722 von November 2015 bis Februar 2017.
Der zwölfte Teil umfasst die Patientenkarteien und wurde als Bestand Z 733 unter der Leitung von Jonilla Keller durch Svenja Zollinger von Juli bis Oktober 2016 erschlossen.
Der 13. und bisher letzte Teil beinhaltet Patientenverzeichnisse und Gutachten und wurde als Bestand Z 779 unter der Leitung von Denise Thoma durch Aushilfen von März bis Juni 2017 erschlossen.
Der Fondsbeschrieb wurde von Pascal Pauli im Juli 2018 angefertigt.
Related material:Die Abteilung S im Pertinenzarchiv enthält unter den Signaturen S 188.27, S 188.38 und S 188.48 Korrespondenz aus dem Zeitraum von 1913 bis 1926 sowie unter der Signatur S 188.19 Quartalsabrechnungen über die Betriebskosten aus den Jahren 1906 bis 1908.
Die Fortsetzung der Unterlagen der Psychiatrischen Poliklinik befindet sich im entsprechenden Subfonds im Fonds des Universitätsspitals Zürich.
Bestände:Z 99 (Teil), Z 570, Z 571, Z 572, Z 620, Z 650, Z 651, Z 670, Z 679, Z 700, Z 720, Z 722, Z 733, Z 779
Level:Fonds
 

Related units of description

Related units of description:Siehe:
S 188.19 Psychiatrische Poliklinik, 1906-1908 (Dossier)

Siehe:
S 188.27 Psychiatrische Poliklinik, 1913-1916 (Dossier)

Siehe:
S 188.38 Psychiatrische Poliklinik, 1917-1922 (Dossier)

Siehe:
S 188.48 Klinik und Psychiatrische Poliklinik, 1923-1926 (Dossier)

Fortsetzung siehe:
Psychiatrische Poliklinik, 1955 (ca.)-2014 (Fonds)
 

Usage

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Physical Usability:Uneingeschränkt
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