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B VI 190 - B VI 279 a Rats- und Richtbücher, 1366-1798 (Klasse)
Ref. code: | B VI 190 - B VI 279 a |
Title: | Rats- und Richtbücher |
Inhalt und Form: | In den später zusammengebundenen Bänden ist bis Mitte des 16. Jahrhunderts die chronologische und inhaltliche Abfolge vielfach gestört. Es sind fünf verschiedene, oft in den Bänden untereinander vermischte Serien zu unterscheiden:
1. "Richtbücher", zuweilen (besonders zwischen 1429 und 1450) als Libri Maleficiorum bezeichnet, in diesem Katalog "Ratslisten" genannt, da jeweils am Beginn der Natal- und Baptistalhälfte des Rats ein Verzeichnis der neuen Räte und Zunftmeister, häufig auch der Vögte und weiterer Beamter steht. Diese mit wenigen Lücken von 1376 bis 1798 laufende, in ihrer Gesamtheit sich auf die richterliche Tätigkeit des halbjährigen Rates beziehende Serie enthält wiederum verschiedene Typen von Aufzeichnungen: - 1.1 "Confessiones malefactorum", bzw. "Vergichten", d. h. mit der Formel "N. N., der hier gegenwärtig steht, hat mit und ohne Pein verjehen, dass ..." beginnende Verurteilungen zum Tod, zu andern Leibesstrafen oder zu Verbannung. - 1.2 Private Klagen, meist in Schelt- und Schlaghändeln, entweder in Form originaler Klageschriften an den Rat ("Frommen, fürsichtigen ...") oder amtlicher Protokollierung: "Es klagt A confinis B auf C ...". Es folgen die Zeugenaussagen (Kundschaften) und gewöhnlich Notizen über die vorläufige oder definitive Erledigung des Falles, bei abschliessender Beurteilung "judicatum est", bei Setzung einer Frist, innert welcher die Parteien weitere Beweismittel beizubringen haben: "Mag N. N. in dem nächsten Monat erweisen, dass ..., so soll beschehen, als recht ist; mag er das nicht, so soll aber beschehen, als recht ist." - 1.3 Nachgänge (d. h. Untersuchungen, Zeugeneinvernahmen) ohne Privatklage, beginnend mit: "Man soll nachgan und richten". In späterer Zeit (Mitte 16. Jahrhundert) verkümmern die Richtbücher und enthalten fast nur noch Beamtenlisten, Todesurteile und Verurteilungen zum Halseisen (z. B. B VI 255). Literatur: Wilhelm Heinrich Ruoff: Die Zürcher Räte als Strafgericht und ihr Verfahren bei Freveln im 15. und 16. Jahrhundert (Zürcher iur. Diss. 1941).
2. Die "Ratsbücher" (so genannt wegen ihrer Ähnlichkeit mit den Ratsmanualen, die sie für die in der Abteilung B II bestehende Lücke von 1516 bis 1544 mehr oder weniger ersetzen) laufen von 1516 bis 1664 und enthalten neben Verhandlungen über nicht-todeswürdige Vergehen auch nicht-gerichtliche Unterhandlungen der beiden Räte sowie von Räten und Bürgern. Die Natalbücher beginnen mit dem Verzeichnis der "Ofengschauer" der Stadtwachten, die Baptistalbücher mit den Namen derer, welche von den Secklern, Baumeistern und Sihlherren die Rechnungen abnehmen mussten.
3. "Eingewinnerverzeichnisse" (Pfändungsbücher) sind mit Lücken für die Jahre 1375 bis 1487 erhalten. Sie betreffen das Eintreiben privater Geldschulden durch die vom Rat bestellten Eingewinner, deren Namen in der Regel auf dem Titelblatt verzeichnet sind. Ihre Anlage entspricht dem Rechtsgang: Wenn eine befristete Geldschuldfällig wurde, ohne bezahlt zu werden, gelangte der Gläubiger an den Rat, der drei Eingewinner zur Einkassierung der Forderung bestimmte. Die Eingewinnerbücher weisen in zwei Kolonnen die Namen der Gläubiger und der Schuldner auf sowie die Schuldbeträge. Vgl. dazu Johann Caspar Bluntschli, Staats- und Rechtsgeschichte der Stadt und Landschaft Zürich, 1. Teil (Zürich 1838), S. 294.
4. "Verrufbücher" liegen nur vereinzelt vor aus den Jahren 1468 bis 1483. Jeweils auf Johannis Bapista angelegt, enthalten sie die Namen der wegen Schulden aus der Stadt verwiesenen Leute und ihrer Gläubiger: "A tenetur B ...". (Vgl. dazu die Gruppe der Verlust- und Verrufbücher 1468 bis 1519: B VI 291 a - B VI 293.)
5. "Vogtbücher", lückenhaft erhalten für die Jahre 1433 bis 1564, sind Bussenverzeichnisse der Land- und Obervogteien: "harinne stant geschribene alle die bueßen, die von fraevinen sint gefallen under den voegten".
6. Die zahlreichen "Briefe" und urkundenartigen Beilagen, die den Bänden von B VI 190 - B VI 257 beigebunden sind, sind einzeln verzeichnet (bis 1460 auf der Grundlage der "Urkundenregesten des Staatsarchivs des Kantons Zürich" (URStAZH), danach auf der Grundlage eines analoges Findmittel (Typoskript) von Otto Sigg, erstellt ca. 1980).
Publikationen: - Bacon, Nicole. Konflikt und Solidarität. Ehealltag im spätmittelalterlichen Zürich anhand der Rats- und Richtbücher (1446-1475). Lizenziatsarbeit Universität Zürich 2004. - Bleuler, Simone. Delinquenz und Raum in Zürich 1450–1459. Lizenziatsarbeit Universität Zürich 1998. - Burghartz, Susanna. Leib, Ehre und Gut. Delinquenz in Zürich Ende des 14. Jahrhunderts. Zürich 1990. - Caretta, Philipp. Spielen und Konflikte ums Spielen in den Zürcher Richtbüchern zwischen 1446 und 1475. Lizenziatsarbeit Universität Zürich 2001. - Gilomen, Hans-Jörg. Soziale Beziehungen im spätmittelalterlichen Zürich. Neue Forschungen, in: Traverse 9, 2002/2, S. 13-23. - Haerle, Peter. Diebe, Mörder und Sodomiten. Verbrechen, Staat und Gesellschaft. Eine Untersuchung des Blutgerichtes im spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Zürich. Lizenziatsarbeit Universität Zürich 1993. - Haerle, Peter. Kriminalstatistik 500 Jahre vor Linken und Netten. Akten des Zürcher Blutgerichts aus dem 14. und 15. Jh. als Beiträge zur heutigen Diskussion um «innere Sicherheit», in: Weltwoche Nr. 9, 3. März 1994, S. 38. - Immer, Florian. Soziales Profil von Wiederholungstätern und Gewohnheitsdelinquenten anhand der Rats- und Richtbücher von 1450 bis 1460. Lizenziatsarbeit Universität Zürich 1998. - Malamud, Sibylle. „Und von sölichs ir ere swarlich berürt“. Frauen vor dem Zürcher Ratsgericht im späten Mittelalter, 1450-1471, in: weiblich - männlich. Geschlechterverhältnisse in der Schweiz: Rechtsprechung, Diskurs, Praktiken, Zürich 1995 (Schweizerische Gesellschaft für Wirtschafts- und Sozialgeschichte. 13), S. 33-43. - Malamud, Sibylle. Die Ächtung des «Bösen». Frauen vor dem Zürcher Ratsgericht im späten Mittelalter (1400-1500). Zürich 2003. - Malamud, Sibylle und Pascale Sutter. Die Betreibungs- und Eingewinnungsverfahren der Stadt Zürich im Spätmittelalter, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Germanistische Abteilung 116, 1999, S. 87-118. - Matter-Bacon, Nicole. Städtische Ehepaare im Spätmittelalter. Verhaltensmuster und Handlungsspielräume im Zürich des 15. Jahrhunderts. Diss. Zürich. Marburg 2016 (Wissenschaftliche Beiträge aus dem Tectum Verlag. Reihe Geschichtswissenschaft. 30). - Meier, Urs Markus. Kreditgeschäfte im spätmittelalterlichen Zürich. Auswertung der Eingewinnerverzeichnisse zwischen 1400 und 1405. 2 Bde. Lizenziatsarbeit Universität Zürich 1997. - Mühlhäuser, Petra. Ritualisiertes und stereotypes Verhalten in Alltagskonflikten im spätmittelalterlichen Zürich anhand der Rats- und Richtbücher 1450-1459. Lizenziatsarbeit Universität Zürich 1996. - Pohl, Susanne. Zwischen männlichem Ehrencode und dem Primat des Stadtfriedens (Zürich 1376-1600), in: Kulturelle Reformation. Sinnformationen im Umbruch 1400-1600, hg. von Bernhard Jussen und Craig Koslofsky, Göttingen 1999 (VMPIG. 145), S. 239-283. - Sutter, Pascale. Von der kirchlichen zur städtischen Zeit? Zeitbewusstsein und Zeitwahrnehmung im spätmittelalterlichen Zürich, in: Innovationen. Voraussetzungen und Folgen - Antriebskräfte und Widerstände, hg. von Hans-Jörg Gilomen u. a., Zürich 2001 (Schweizerische Gesellschaft für Wirtschafts- und Sozialgeschichte. 17), S. 171-187. - Sutter, Pascale. Von guten und bösen Nachbarn. Nachbarschaft als Beziehungsform im spätmittelalterlichen Zürich. Diss. Zürich 2002. |
Creation date(s): | 1366 - 1798 |
Number: | 98 |
Level: | Klasse |
Ref. code AP: | B VI 190 - B VI 279 a |
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Related units of description |
Related units of description: | Siehe: TAI 3.63; StAAG NL.A-0329 Regesten und Auszüge aus den Rats- und Richtbüchern sowie anderen Quellen des Staatsarchivs betreffend Juden in Zürich im Spätmittelalter, 1930 (ca.)-1940 (ca.) (Dossier)
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