Blinden- und Taubstummenanstalt, 1809-2016 (Fonds)

Archive plan context


Title:Blinden- und Taubstummenanstalt
Inhalt und Form:Der Fonds besteht zunächst hauptsächlich aus Verwaltungsunterlagen. Darunter befinden sich Protokolle, Berichte, Reglemente und Richtlinien, Korrespondenz, Buchhaltungs- und Personalunterlagen. Daneben dokumentieren audiovisuelle Medien (v. a. Fotografien und Filme) die Anlässe der Institution, ihre Infrastruktur sowie die Mitarbeitenden, die Schülerinnen und Schüler sowie deren Alltag im Unterricht und bei Freizeitaktivitäten. Einen weiteren Schwerpunkt zur Funktion der Institution als Schule und Internat bilden die Unterlagen zu einzelnen Schülerinnen und Schülern, die Beobachtungshefte und Verzeichnisse. Ebenfalls dokumentiert sind die Beratungs- und sonderschulischen Angebote der Teilintegrationsklassen und des Audiopädagogischen Diensts.
Andere Namen:Blindenanstalt (1809-1826)
Blinden- und Taubstummenanstalt (Umbenennung 1827)
Kantonale Blinden- und Taubstummenanstalt (Umbenennung 1909)
Kantonale Taubstummenanstalt (Umbenennung 1951)
Kantonale Taubstummenschule Zürich (Umbenennung 1966)
Kantonale Gehörlosenschule Zürich (Umbenennung 1976)
Zentrum für gehörlose und schwerhörige Kinder Zürich (Umbenennung 1997)
Zentrum für Gehör und Sprache Zürich (Umbenennung 2005)
Creation date(s):1809 - 2016
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Number:1865
Aktenbildner:1809 gründete die Zürcherische Hülfsgesellschaft eine Blindenanstalt, die im Jahr 1810 in Zürich eröffnet wurde. Eine zuvor durchgeführte Zählung der im Kanton Zürich lebenden blinden Personen hatte die „Unterrichtsfähigkeit“ von 43 Blinden ergeben. In den ersten Jahren zählte die Anstalt gewöhnlich zwischen 10 und 13 Schülerinnen und Schüler. 1826 wurde der erste gehörlose Schüler aufgenommen und im Jahr darauf wurde sie zur Blinden- und Taubstummenanstalt ausgeweitet. Bereits 1830 waren mehr Gehörlose als Blinde untergebracht und in den folgenden Jahren nahm die Zahl der blinden Schülerinnen und Schüler stetig ab, sodass z.B. 1885 10 Blinde und 45 Gehörlose erfasst wurden.
Mittels einer Volksabstimmung im Jahr 1908 wurde die Anstalt per 01.01.1909 kantonalisiert. Dadurch erhielt sie laut Unterrichtsgesetz eine vom Regierungsrat gewählte Aufsichtskommission mit sieben Mitgliedern, für die Männer und Frauen wählbar waren und in der meist der Erziehungsdirektor des Kantons Einsitz nahm. Die Gründe der Verstaatlichung liegen einerseits in der Revision des Schulgesetzes von 1899 (§ 81 über Sonderschulung), die eine staatliche Errichtung und Führung von Sonderschulen ermöglichte. Andererseits war die Anstalt in finanziellen Schwierigkeiten, die gehörlosen Kinder des Kantons waren nur ungenügend erfasst und schliesslich wurde das Gelände der Blinden- und Taubstummenanstalt, die sich seit 1836/1837 auf dem früheren Schanzengebiet ausserhalb der Kronenporte an der Künstlergasse befand, für den Neubau des Hauptgebäudes der Universität Zürich beansprucht. Die kantonale Blinden- und Taubstummenanstalt beschränkte die Aufnahme auf Kinder im schulpflichtigen Alter und verzichtete auf die Beschäftigung von Jugendlichen und Erwachsenen.
Nach der provisorischen Unterbringung der Anstalt an der Plattenstrasse konnte 1915 der Neubau an der Frohalpstrasse in Zürich-Wollishofen bezogen werden, der für die Unterbringung von 80 SchülerInnen ausgelegt war. Die seh- und hörbeeinträchtigten Kinder nutzten einen gemeinsamen Speisesaal, hatten jedoch eigene Arbeits-, Schlaf- und Schulräume. Laut den Reglementen für die Anstalt wurde sie als Internat geführt. Während im 19. Jahrhundert die häusliche Erziehung insbesondere der Töchter einer "Gesellschaft edler Damen" übertragen war, hält das Reglement für die kantonale Blinden- und Taubstummenanstalt vom 27.01.1916 fest, dass der Direktor neben der Erteilung von Unterricht und der Besorgung der Buch- und Rechnungsführung das Internat mit seiner Frau zusammen leite. Fehle die Frau an der Seite des Direktors, würde eine "weibliche Hülfskraft" als Verwalterin eingesetzt. 1926 wohnten 81 Schülerinnen und Schüler von insgesamt 87 in der Anstalt. 1928 wurde die Gehörlosenschulung durch die Anfügung eines freiwilligen 9. Schuljahres ausgebaut. 1933 wurde der Kindergarten für Kinder ab vier Jahren eingerichtet. 1940 beschloss der Regierungsrat, die Blindenabteilung Ende des Schuljahres aufzuheben. Der Name der Institution wurde jedoch erst 1951 in Kantonale Taubstummenanstalt Zürich abgeändert.
Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts nahm die Zahl der extern wohnenden Kinder zu. Während der umfassende Heimbetrieb mit Schule und Internat tendenziell an Bedeutung einzubüssen begann, wuchs die Bedeutung der Schule. Weil der Begriff Anstalt als Bezeichnung insbesondere für Heil- und Pflegeeinrichtungen, aber auch für Schul- und Erziehungsinstitutionen, zunehmend als überholt galt, wurde der Name auf Beginn des Schuljahres 1966/1967 in Kantonale Taubstummenschule umgewandelt. Weitere zehn Jahre später nannte sich die Institution neu Kantonale Gehörlosenschule Zürich, nachdem sich die Auffassung durchgesetzt hatte, der Begriff taubstumm sei missverständlich, da er die Unfähigkeit impliziere, eine gesprochene Sprache zu erwerben.
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde das Angebot für hörgeschädigte Kinder und ihre Angehörigen stetig ausgebaut. So folgte z.B. 1986 die Einrichtung des Audiopädagogischen Diensts für Fördermassnahmen bei Kindern im Vorschulalter, die Gründung der Beratungsstelle für hörgeschädigte Kinder in der Volksschule, 1996 die Schaffung von Teilintegrationsklassen für Schülerinnen und Schülern mit Hörbeeinträchtigungen und 1997 die Erstberatungsstelle für Familien mit Kleinkindern mit einer Hörbeeinträchtigung. Das ab 1997 so genannte Zentrum für gehörlose und schwerhörige Kinder Zürich bot nun für sämtliche hörbeeinträchtigte Kinder im Kanton pädagogische, therapeutische und beraterische Leistungen.
Die ab 2005 offizielle Bezeichnung Zentrum für Gehör und Sprache Zürich (ZGSZ) trug der Entwicklung Rechnung, wonach insbesondere in der Schule für Gehör und Sprache vermehrt auch Kinder mit mehrfachen zentralen Verarbeitungs- und Wahrnehmungsproblemen wie Hör- und Spracherwerbsbeeinträchtigungen aufgenommen wurden.
Per 01.01.2009 erfolgten die Ausgliederung aus der kantonalen Verwaltung und die Formierung als selbstständige öffentlich-rechtliche Anstalt mit der Aufnahme der Tätigkeiten des Zentrumsrats.

Schulleiter bzw. Direktoren
1810-1825 F. G. Funk, J. Schneider und J. J. Germann als Hauptlehrer
1825-1832 Ignaz Thomas Scherr, Oberlehrer
1832-1892 Georg Schibel, Oberlehrer, ab 1840 Direktor
1892-1918 Gotthilf Kull, Direktor
1918-1944 Johannes Hepp, Direktor
1944-1961 Walter Kunz, Direktor
1961-1990 Gottfried Ringli, Direktor
1990-2016 Jan Keller, Direktor
2016- Daniel Artmann, Direktor

Hauswirtschaftsleiterinnen bzw. Hausmütter:
1918-1944 Maria Hepp-Matthias
1944-1961 Gertrud Kunz-Frey
1961-1990 Ruth Ringli-Morf

Benutzte Literatur:
Gesetz über das Unterrichtswesen des Kantons Zürich vom 23.12.1859, §§ 10-14, in: OS 12, S. 243-362
Gesetz über das Zentrum für Gehör und Sprache vom 11.02.2008, 412.41, §§ 1-21, in: OS 64, S. 6-10
Reglement für die kantonale Blinden- und Taubstummenanstalt in Zürich, 07.09.1909, §§ 1-36, in: OS 28, S. 384-391
Reglement für die kantonale Blinden- und Taubstummenanstalt in Zürich, 27.01.1916, §§ 1-88, in: OS 30, S. 261-272
Verordnung über das Zentrum für gehörlose und schwerhörige Kinder (Gehörlosenzentrum), 23.07.1997, 412.42, §§ 1-24, in: OS 54, S. 162-166
Protokoll des Regierungsrats, Blinden- und Taubstummenanstalt, Regierungsratsbeschluss RRB 1940/0463 vom 29.02.1940, S. 165-167
Protokoll des Regierungsrats, Kantonale Blinden- und Taubstummenanstalt, Regierungsratsbeschluss RRB 1951/2126 vom 19.07.1951, S. 989-990
Protokoll des Regierungsrats, Kantonale Taubstummenanstalt (Umbenennung), Regierungsratsbeschluss RRB 1966/0900 vom 11.03.1966, S. 379-380
Protokoll des Regierungsrats, Kantonale Taubstummenschule (Umbenennung), Regierungsratsbeschluss RRB 1976/1457 vom 17.03.1976, S. 637
Ringli, Gottfried. 150 Jahre Kantonale Gehörlosenschule Zürich. Materialien zu ihrer Geschichte, Zürich 1978.
Jahresbericht der Kantonalen Gehörlosenschule Zürich von 1990.
Jahresbericht des Zentrums für Gehör und Sprache von 2005.
Fondsgeschichte:Im StAZH sind bisher Akten zu den Protokollen der Aufsichtskommission über die Blinden- und Taubstummenanstalt der Jahre 1926–1938 überliefert. Diese Akten bilden den Bestand Z 30 (alte Archivsignatur U 129.1-3). Sie kamen zusammen mit den Protokollen dieser seit 1909 tagenden Kommission auf Grund einer Verfügung der Erziehungsdirektion ab 1938 von derselben ins Staatsarchiv (siehe die Verfügung unter der Archivsignatur N 1205.13). Die Protokolle selbst sind in den Protokollbänden der Direktion 1809–1950 unter StAZH NN 41–NN 48 vorhanden. Dort befinden sich zudem Protokolle der Hausordnungs- und Verwaltungskommission, der Baukommission, Lehrkommission und Rechenkommission sowie Ausgaben- und Visitationsbücher für den Zeitraum vor der Verstaatlichung 1909. Für den Zeitraum 1823–1925 befinden sich unter der Signatur N 64 c.1–N 64 c.5 Akten zur Blinden- und Taubstummenanstalt.
Aus dem Bibliothekskatalog bzw. der Druckschriftensammlung des Staatsarchivs mit den früheren Signaturen III LL h 1 und III LL h 2 wurden die Jahresberichte und weitere Publikationen der Anstalt in den Fonds integriert (neue Archivsignatur DS 102).
Die Ablieferung 2016/109 wurde dem Staatsarchiv auf der Basis des Zusammenarbeitsvertrags zwischen dem ZGSZ und dem StAZH vom 18.07.2016 übergeben und als Bestand Z 885 erschlossen.
Die Blinden- und Taubstummenanstalt wurde erst mit ihrer Verstaatlichung per 01.01.1909 ein kantonaler Aktenbildner. Dennoch wurden die Unterlagen, die vor der Verstaatlichung angelegt worden waren, im selben Fonds wie die ab 1909 produzierten Unterlagen erschlossen. Damit wird die Übersichtlichkeit und die Benutzungsfreundlichkeit gewährleistet, zumal die Überlieferung der Unterlagen aus der Institution vor 1909 nun ohnehin abgeschlossen ist.
Die Blinden- und Taubstummenanstalt ist seit 2009 eine selbstständige öffentlich-rechtliche Anstalt. Für die ab 2009 entstandenen Unterlagen wurde in der Hauptabteilung Provenienzarchiv unter der Abteilung Selbstständige öffentlich-rechtliche Anstalten ein neuer Fonds Zentrum für Gehör und Sprache Zürich geschaffen. Die in der Ablieferung 2016/109 enthaltenen Unterlagen, die nach dem 01.01.2009 entstanden sind, werden ebenfalls mit der Bestandessignatur Z 885 versehen, jedoch bereits im neu angelegten Fonds Zentrum für Gehör und Sprache Zürich verzeichnet.
Die Erschliessung der Beobachtungshefte und der Unterlagen zu den Schülerinnen und Schülern erfolgte durch Julia Kühni und Jeanne Pamer zwischen Februar und Juni 2019 unter der Leitung von Florian Christen. Die Verwaltungsakten und die AV-Medien wurden von Florian Christen zwischen Februar 2019 und Oktober 2020 bearbeitet.
Legal status:Vermutlich: Stiftung (1809-1908)
Öffentlich-rechtliche Körperschaft (ab 2009)
Related material:NN 41–NN 48
N 64 c.1–N 64 c.5
Gesetz über das Unterrichtswesen des Kantons Zürich vom 23.12.1859.
Gesetz über das Zentrum für Gehör und Sprache vom 11.02.2008.
Reglement für die kantonale Blinden- und Taubstummenanstalt vom 07.09.1909.
Reglement für die kantonale Blinden- und Taubstummenanstalt vom 27.01.1916.
Verordnung über das Zentrum für gehörlose un schwerhörige Kinder (Gehörlosenzentrum) vom 23.07.1997.
Regierungsratsbeschluss vom 29.02.1940.
Regierungsratsbeschluss vom 19.07.1951.
Regierungsratsbeschluss vom 11.03.1966.
Regierungsratsbeschluss vom 17.03.1976.
Bestände:Z 30, DS 102 (Teil), Z 885 (Teil)
Level:Fonds
Weblinks:Website des Zentrums für Gehör und Sprache Zürich
 

Related units of description

Related units of description:Siehe:
NN 41 - NN 48 Blinden- und Taubstummenanstalt Zürich, 1808-1950 (Fonds)

Siehe:
N 64 c.1 - N 64 c.5 Blinden- und Taubstummenanstalt Zürich, 1824-1925 (Klasse)

Siehe:
OS 54 (S. 162-166) Verordnung über das Zentrum für gehörlose und schwerhörige Kinder (Gehörlosenzentrum), 1997.07.23 (Dokument)

Siehe:
OS 30 (S. 261-272) Reglement für die kantonale Blinden- und Taubstummenanstalt in Zürich., 1916.01.27 (Dokument)

Siehe:
OS 28 (S. 384-391) Reglement für die kantonale Blinden- und Taubstummenanstalt., 1909.09.07 (Dokument)

Siehe:
OS 12 (S. 243-362) Gesetz über das gesammte Unterrichtswesen des Kantons Zürich., 1859.12.23 (Dokument)

Siehe:
MM 3.83 RRB 1951/2126 Kantonale Blinden- und Taubstummenanstalt., 1951.07.19 (Dokument)

Fortsetzung siehe:
Zentrum für Gehör und Sprache, 2009-2021 (Fonds)

Siehe:
MM 3.60 RRB 1940/0463 Blinden- und Taubstummenanstalt., 1940.02.29 (Dokument)

Siehe:
MM 3.116 RRB 1966/0900 Kantonale Taubstummenanstalt (Umbenennung)., 1966.03.11 (Dokument)

Siehe:
MM 3.146 RRB 1976/1457 Kantonale Taubstummenschule (Umbenennung)., 1976.03.17 (Dokument)

Siehe:
OS 64 Offizielle Sammlung der seit 10. März 1831 erlassenen Gesetze, Beschlüsse und Verordnungen des Eidgenössischen Standes Zürich, Band 64, 2009 (Dossier)
 

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