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III Pb 4/1 (6) Vormundschaftsordnung der Stadt Zürich für Witwen und Waisen, 1792 (Dokument)
Identifikation und Inhalt |
Ref. code: | III Pb 4/1 (6) |
Title: | Vormundschaftsordnung der Stadt Zürich für Witwen und Waisen |
Titelvariante: | Erneuerte Waysen- und Bevogtigungs-Ordnung für die Stadt Zürich |
Brief: | Bürgermeister sowie Grosser und Kleiner Rat der Stadt Zürich erlassen eine revidierte Vormundschaftsordnung mit fünf Teilen. Im ersten Teil wird in acht Artikeln festgelegt, wer einen Vormund erhält. Grundsätzlich erhalten alle Waisen unter dem 25. Lebensjahr einen Vormund, ausser sie heiraten vorher, gründen einen Hausstand oder haben durch den Willen des verstorbenen Vaters die Eigenverwaltung zugewiesen bekommen. Zudem können Waisenknaben vor Vollendung des 24. Lebensjahres ein Gesuch beim Waisengericht stellen. Geregelt werden des Weiteren Vormundschaftsfälle beim Tod der Mutter oder des Vaters. Weitere Personengruppen, die unter die Vormundschaft fallen, sind Personen mit schweren körperlichen oder psychischen Krankheiten sowie Personen, die eine Gefahr darstellen. Zudem erhalten Personen, die abwesend und unauffindbar sind, einen Vormund, falls keine anderen Regelungen bekannt sind (1). Im zweiten Teil wird geregelt, wer als Vormund in Frage kommt. Es gilt, dass der Vater einen zukünftigen Vormund schriftlich oder mündlich festlegen darf. Der Vormund darf dabei sein Amt erst antreten, wenn die Eröffnung des väterlichen Testaments und die Bestätigung des Waisengerichts erfolgt sind und keine Einwände der nächsten Verwandten vorliegen. Dabei gilt das Appellationsrecht an den Kleinen Rat. Gibt es Einwände zum ernannten Vormund oder wurde dieser vom Vater nie festgelegt, soll der nächste männliche Verwandte zusammen mit der Mutter einen Vormund ernennen, der dann durch das Waisengericht bestätigt werden muss. Wenn ein solcher männlicher Verwandter fehlt oder kein Vormund ernannt werden kann, obliegt dem Waisengericht die Entscheidung. Falls der Vater die Mutter für die Verwaltung der Güter seiner Kinder vorgesehen hat, werden die Verwandten väterlicher- und mütterlicherseits nach allfälligen Einwänden befragt. Die Mutter ist jedoch nur so lange für die Güterverwaltung zuständig, bis sie wieder geheiratet hat, dann ernennt die Verwandtschaft einen Vormund. Personen, die wegen Unfähigkeit oder Verschwendungssucht vom Kleinen Rat bevormundet worden sind, erhalten entweder einen von ihren Verwandten oder vom Waisengericht vorgeschlagenen Vormund (2). Im dritten Teil folgen die Pflichten der Vormünder, wobei grundsätzlich jeder Bürger, der nicht schon zwei Vormundstellen innehat, verpflichtet ist, eine solche Stelle mindestens vier Jahre lang anzunehmen. Der Vormund soll zunächst der Verwandtschaft oder dem Waisengericht ein Inventar aller ihm zugestellten Sachen zukommen lassen. Alle originalen Gült-, Schuld- und Kaufbriefe sowie Obligationen sollen entweder bei der Verwandtschaft sicher aufbewahrt oder im obrigkeitlichen Schirmkasten deponiert werden. Für diejenigen Dinge, die der Vormund bei sich aufbewahrt, gelten im Konkursfall die Bestimmungen des Stadtrechts. Der Vormund ist des Weiteren für den Lebenswandel sowie zusammen mit der verordneten Behörde für die Berufswahl seines Mündels verantwortlich. Zudem ist er für die Verwaltung des Guts und für den Einzug der Zinsen zuständig, wovon er jährlich Rechnung ablegen muss. Ohne Vorwissen der Verwandtschaft oder des Waisengerichts ist es dem Vormund verboten, Schuldenerlasse, Schenkungen, Leihgaben, Käufe, Tauschgeschäfte oder Rechtshändel zu tätigen. Solche Geschäfte gelten als ungültig und in Schadenfällen muss der Vormund haften. Von der Jahresrechnung muss der Vormund ein Exemplar der verordneten Behörde sowie ein Exemplar zur eigenen Aufbewahrung spätestens 14 Tage nach der letzten Rechnung abgeben. Ausserdem muss er die vorjährigen Rechnungen oder, falls es sich um die erste Rechnung handelt, das Übergabedokument sowie einen kurzen Bericht über sein Mündel abgeben. Häuser, Liegenschaften, Hausrat und weitere Mobilien sollen vom Vormund in gutem Zustand erhalten werden; sie dürfen nicht ohne Vorwissen der verordneten Behörde veräussert werden. Sobald die Mündel ihre Güter selbst verwalten wollen, muss dies von der Behörde, die den Vormund ernannt hat, bewilligt werden. Der Vormund ist erst aus seiner Stelle entlassen, wenn das ordnungsgemässe Protokoll des Waisengerichts erstellt wurde und alle Parteien zufrieden sind. Als Lohn erhält der Vormund vier Gulden pro 1000 Gulden Vermögen. Weitere Ausgaben wie Reisen, Rechtshändel und Inventarisationen (Beschreibungen) sollen zusätzlich vergütet werden (3). Der vierte Teil führt die Pflichten des Waisengerichts auf. Dieses besteht aus einem Statthalter als Präsidenten sowie zwei Kleinräten und drei Grossräten, wobei kein Waisenrichter selbst eine Vormundstelle einnehmen darf. Das Waisengericht muss die vorgeschlagenen Vormünder bestätigen und einschreiben oder – falls kein Vorschlag gemacht wird – selbst einen Vormund ernennen. Personen, die einen Vormund erhalten, sollen zusammen mit ihrem Vormund, dem Datum und bisherigen Ereignissen in ein Protokoll eingetragen werden. Für die diejenigen Personen, die aus ihrer Verwandtschaft oder vom Waisengericht einen Vormund gestellt bekommen haben, wird ein separates Protokoll geführt. In einer weiteren Tabelle soll jährlich vermerkt werden, wer im Laufe des Jahres einen Vormund erhalten hat und wer aus der Vormundschaft entlassen wurde. Des Weiteren wird dem Schirmschreiber aufgetragen, zusammen mit dem Vormund ein Verzeichnis des Vermögens des Mündels aufzunehmen sowie vom Vormund die Jahresrechnung abzunehmen. Zwei Verwandte und zwei Waisenrichter überprüfen ausserdem die Jahresrechnung und befragen den Vormund über den moralischen und ökonomischen Zustand seines Mündels sowie über die allfällige Steigerung des Vermögens. Darüber soll ein Abschiedsprotokoll geführt werden. Die Waisenrichter sind verpflichtet, bei Beratungen zu finanziellen Fragen sorgfältig vorzugehen sowie über Erziehung und Unterricht des Mündels genaue Aufsicht zu tragen. Nachdem das Mündel volljährig geworden ist, soll es vom Schirmschreiber alle Rechnungen und das Inventar zur Einsicht erhalten. Falls keine Einwände vorliegen, soll dies im Schirmprotokoll bestätigt werden. Mündel, deren Mittel von den Verwandten verwaltet wurden, sollen bei Volljährigkeit zunächst persönlich verhört werden. Bestehen Einwände, hat das Waisengericht die Kompetenz, diese zu lösen, wobei das Appellationsrecht an den Kleinen Rat besteht. Schliesslich werden die Pflichten und Entlohnung des Schirmschreibers aufgeführt (4). Im fünften Teil folgen zuletzt Bestimmungen zum Schirmkasten, der im Rathaus steht. Von den beiden Schlüsseln erhält ein Mitglied des Waisengerichts das eine Exemplar und der Schirmschreiber das andere Exemplar. Aufbewahrt werden im Schirmkasten Gültbriefe, Schuldtitel, Inventare, Urkunden, Deposita, Vermögensanteile abwesender Personen, Bürgschaftsscheine und Prästandenscheine (Beweis des Vorhandensein von genügend Vermögen) von fremden Ehefrauen (5). |
Impressum: | (Zürich) : (s. n.) |
Creation date(s): | 1792 |
Entstehungsdatum, Original: | 2/20/1792 |
Number: | 1 |
Archival Material Types: | Druckschrift |
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Dokumentspezifische Merkmale |
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Kollation: | 30 S. |
Dimensions W x H (cm): | 4° |
Language: | Deutsch |
Fussnoten: | Holzschnitt |
Schlagwörter: | Appellation; Beaufsichtigung; Gericht; Löhne; Rechnungswesen; Testament; Verwandtschaft; Vormundschaft; Waisen; Verwitwung |
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Related units of description |
Related units of description: | Siehe: III AAb 1.10, Nr. 45 Vormundschaftsordnung der Stadt Zürich für Witwen und Waisen, 1738 (Dokument)
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