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Zünfte und Gesellschaften, 1303-20. Jh. (Abteilung)
Title: | Zünfte und Gesellschaften |
Inhalt und Form: | Vom 11. bis 13. Jahrhundert entstanden in ganz Europa zahlreiche Handwerksvereinigungen und Korporationen, die die Interessen ihres Gewerbes vertraten und versuchten, sich politisch zu betätigen. In Zürich wurden diese Bestrebungen anfänglich verhindert. Die Stadt wurde durch einen Rat von Rittern und freien Bürgern regiert. Kleinhändler und Handwerker waren nicht vertreten. Am 07.06.1336 vertrieb Rudolf Brun zusammen mit Handwerkern und Krämern die Ratsherren aus dem Rathaus. Nach dem Vorbild des Schwörbriefes der Stadt Strassburg aus dem Jahre 1334 setzte Brun eine Ordnung in Kraft, in der die bisher allein regierenden Ritter und bürgerlichen Patrizier in der so genannten Constaffel und die bestehenden Handwerksvereinigungen in 13 Zünften zusammengefasst wurden. Aus der Constaffel und den Vertretern der Zünfte wurde fortan der Rat gebildet. Die beiden halbjährlich sich abwechselnden Ratsrotten (Natal- und Baptistalrat) von je 24 Mitgliedern – 1441 hatte sich die Zahl der Zünfte auf 12 verringert – setzten sich aus 12 durch die einzelnen Zünfte gewählte Zunftmeister und 12 Mitgliedern aus der Constaffel bzw. aus Räten der so genannten "freien Wahl" zusammen. Der Grosse Rat bestand aus den beiden Bürgermeistern, den 48 Mitgliedern des Kleinen Rates, den 144 Zwölfern (je 12 Vertreter der 12 Zünfte) und 18 Constafflern (Achtzehner), also insgesamt aus 212 Mitgliedern. Die Zünfte waren aber nicht nur Wahlorgane, sie waren auch für die Sicherheit zuständig. Im militärischen Bereich waren sie für die Mannschaftskontrolle, das Aufgebot, die Inspektion, die Übungen und den Auszug verantwortlich. Ihnen oblag zudem das Wacht- und Feuerwehrwesen; die in der Stadt befindlichen Feuerspritzen gehörten den Zünften. Das Silber der Zünfte galt zudem als Kriegsreserve. Die Zünfter hatten ihrer Zunft immer dann Silbergeschirr zu spenden, wenn sie ein Zunft- oder Staatsamt erlangten. In Krisenzeiten wurde dieses Silber eingeschmolzen, beispielsweise als 1629 im Dreissigjährigen Krieg die Stadtbefestigung finanziert werden musste oder 1656 anlässlich des verlustreichen ersten Villmergerkrieges. Die Zunft besorgte in der Regel auch das Sozialwesen in ihren Reihen, insbesondere verkaufte sie verbilligtes Getreide oder Brot in Notzeiten, so zum Beispiel in den Hungerjahren 1770/71 und 1794/95. Sie spielte weiter eine Rolle bei Taufen, Heiraten und bei Todesfällen, denn auch Bestattungen fanden in ihrem Rahmen statt. Im Alltag waren insbesondere die häufigen Treffen auf der Zunftstube sowie die zwei bis drei Festessen pro Jahr, an denen ein üppiges Mahl serviert wurde, von Bedeutung. Im beruflichen Bereich war weniger die Zunft als vielmehr die Meisterschaft bzw. das "Handwerk" massgebend. Diese Zweiteilung in Zunft, die für den politisch-gesellschaftlichen Bereich zuständig war, und Meisterschaft war auch deshalb wichtig, weil in den späteren Jahrhunderten die Handwerker sich in manchen Zünften gegenüber den Rentnern, Kaufleuten und Pfarrherren in der Minderheit befanden. Die Meister gaben sich eine Handwerksordnung, die durch die Obrigkeit in Kraft gesetzt wurde. An den vierteljährlichen Fronfastenbotten traf sich die gesamte Meisterschaft, um die internen Ämter zu besetzen, neue Meister aufzunehmen, Grundsätzliches der Handwerksordnung zu bestimmen. Das Jahr über befand der Vorstand über Verstösse gegen die Ordnung, begutachtete vorgelegte Meisterstücke und beschäftigte sich mit dem Gesellen- und Lehrknabenwesen. Mit der helvetischen Revolution wurden die Zünfte 1798 aufgelöst, aber schon fünf Jahre später mit der Mediationsverfassung wiederhergestellt - wenn auch nur als Wahlkreise. Diese politischen Zünfte wurden überflüssig, als 1866 mit dem neuen Gemeindegesetz für den Kanton Zürich das Wahlrecht von den Bürgern auf die gesamte Einwohnerschaft überging. Im gleichen Zeitraum wandelten sich die Gesellschaft zur Constaffel und die Zünfte zu Vereinigungen von Männern mit traditionellen Interessen. Ab 1818 begannen sie mit einfachen nächtlichen kleinen Umzügen, aus denen sich im Laufe der Jahrzehnte das heutige Sechseläuten entwickelte. Die Auflösung der politischen Zünfte führte 1867 zur Gründung der Stadtzunft. Deren Gründer beabsichtigten, "den gleichen Zwecken zu dienen wie die alten Zünfte". Es folgten weitere Neugründungen, meistens im Zusammenhang mit den Eingemeindungen von 1893 und 1934. Die Gründer dieser Quartierzünfte wollten einerseits an den Traditionen der Stadt teilhaben, anderseits die Erinnerung an die ehemaligen selbstständigen Gemeinden wachhalten. Höhepunkt der Tätigkeiten der Zünfte ist heute die Organisation und Durchführung des Sechseläutens. Daneben führen die Zünfte Anlässe verschiedenster Art durch, die sich von Zunft zu Zunft unterscheiden. Neben Monatsversammlungen, die oft mit einem Vortrag verbunden sind, können das Abende mit musikalischen Vorträgen oder Lesungen sein. Viele Zünfte führen Anlässe zur Pflege historischer Bräuche oder gesellige Veranstaltungen durch.
In dieser Abteilung sind die Unterlagen der Constaffel, aufgeteilt in Adeliche Gesellschaft und Gesellschaft zur Constaffel, sowie von sechs Zünften verzeichnet. Bei den Zünften handelt es sich ausschliesslich um solche, die 1336 gegründet wurden. Weitere Zunftarchive befinden sich in der Zentralbibliothek Zürich und im Stadtarchiv, wobei die Unterlagen im Stadtarchiv mehrheitlich von neuen, also im 19. und 20. Jahrhundert gegründeten, Zünften stammen. Weiter sind in dieser Abteilung Unterlagen der Gesellschaft der Schildner zum Schneggen enthalten. Dabei handelt es sich um eine ebenfalls im 14. Jahrhundert gegründete Stubengesellschaft, in der hauptsächlich Personen aus den regierenden und einflussreichen Familien vertreten waren - also Personen, die zusätzlich auch der Constaffel oder einer Zunft angehörten. Bei allen Beständen handelt es sich um Deposita. Inhaltlich unterscheiden sich die Bestände stark. Bei Zünften, die mit ihrer Auflösung 1798 auch ihr Zunfthaus verkauften, ging das Archiv häufig verloren. In diesen Fällen sind oft nur wenige Urkunden und Protokolle aus der Zeit vor 1798 überliefert. Bei anderen sind die Protokolle ungefähr ab Beginn des 18. Jahrhunderts komplett überliefert, daneben auch Jahresrechnungen, Bauabrechnungen, Handwerks- und Gesellenordnungen. Aus der Zeit nach der Wiederherstellung der Zünfte kommen vor allem Unterlagen zur politischen Zunft, also beispielsweise zu Wahlen in den Stadtrat, sowie zu Veranstaltungen hinzu - insbesondere natürlich zum Sechseläuten.
Benutzte Quellen und Literatur: Sigg, Otto: Zunftherrlichkeit 1336-1798, in: Zentralkomitee der Zünfte Zürichs (Hg.): 650 Jahre Zürcher Zünfte, Zürich 1986, S. 12-32. |
Creation date(s): | 1303 - 20th cent. |
Level: | Abteilung |
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Related units of description |
Related units of description: | Siehe: A 73 Zünfte und Gesellschaften, 1336-1798 (Klasse)
Siehe: B VI 294 a - B VI 294 b Zunftmeisterbücher, 1415-1792 (Klasse)
Siehe: Zunftarchive, 1490.12.11 (Klasse)
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Physical Usability: | Uneingeschränkt |
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