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Rhonheimer, Hans Georg (1918-2013), Textilhändler und Geschäftsführer der Abraham AG, von Zürich, 1885-2010 (Fonds)
Title: | Rhonheimer, Hans Georg (1918-2013), Textilhändler und Geschäftsführer der Abraham AG, von Zürich |
Inhalt und Form: | Der Nachlass von Hans Georg Rhonheimer umfasst hauptsächlich Unterlagen zu seiner geschäftlichen Tätigkeit als Direktor und Verwaltungsrat der Seidenhandelsfirma Abraham sowie zu seiner Tätigkeit als Präsident der Exportwerbung für Schweizer Textilien und der Commission Européenne Promotion Soie CEPS. Aus dem Bereich Geschäftliches speziell erwähnenswert sind diejenigen Unterlagen, die vor 1940 - also vor seinem Eintritt in die Firma - entstanden sind. Es handelt sich dabei um Finanzunterlagen aus dem Zeitraum von 1885 bis 1940. Weiter enthält der Bestand private und geschäftliche Korrespondenz mehrheitlich mit Gustav Zumsteg. |
Creation date(s): | 1885 - 2010 |
Running meters: | 1.14 |
Number: | 42 |
Aktenbildner: | Der 1918 geborene Hans Georg Rhonheimer war als Enkel des Firmengründers Jakob Abraham (gest. 1926) eng mit der Textilhandelsfirma Abraham verbunden. Die Geschichte dieser Firma begann 1878 als sich Rhonheimers Grossvater im Auftrag des Krefelder Seidenhandelsunternehmens Königsberger & Rüdenberg als Leiter der Zürcher Verkaufsfiliale selbständig machte. 1893 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern der Firma Königsberger, Schimmelburg & Cie. aus der 1912 die Firma Abraham, Brauchbar & Cie. hervorging. 1921 übernahm sein Sohn Ludwig Abraham (gest. 1987) die Firma. Bereits vor dem ersten Weltkrieg hatte die Firma weltweite Verbindungen aufgebaut und sich einen Namen im Seidenhandel gemacht. Mit dem Aufkommen der Mode von bedruckten Stoffen in den 1920er-Jahren profilierte sich die im "Metropol" an der Börsenstrasse in Zürich domizilierte Firma zum führenden Haute Nouveauté-Hersteller - eine Stellung, die sie auch durch die wirtschaftliche Krise der 1930er-Jahre behaupten konnte.
Hans Georg Rhonheimer trat 1940 nach einem Rechtsstudium in der Firma ein. Als sich die beiden Geschäftspartner Abraham und Brauchbar trennten, wechselte er Ende 1942 zur neu gegründeten L. Abraham & Co. Seiden AG. In seiner Stellung als Prokurist widmete er sich dem Aufbau des Unternehmens. Er trieb das Marketing und den Verkauf voran und baute einen guten Basismarkt in der Schweiz auf.
Neben Rhonheimer wurde die Geschichte der Firma Abraham durch Gustav Zumsteg (1915-2005) geprägt. Dieser begann seine Karriere 1931 als Lehrling in der Firma, wurde später Stoffkreateur und war ab 1943 Teilhaber der L. Abraham & Co. Dank seinen Fähigkeiten stellte sich in den Jahren 1947/48 der erste internationale Erfolg im Zeichen des New Looks von Christian Dior ein. Seine Entwürfe eroberten die Pariser Haute Couture. Nach Dior wurden auch Jacques Path, Givenchy, Balenciaga, Balmain, Ricci und viele andere zu treuen Kunden. Als der junge Yves Saint Laurent 1962 an der Rue Spontini sein eigenes Couturehaus eröffnet, erkannte Zumsteg frühzeitig dessen Genie. Während mehrerer Jahrzehnte blieb die Firma Abraham deshalb Lieferant von Yves Saint Laurent.
Zeitgleich baute Hans Georg Rhonheimer den Markt in Übersee aus. Er bemühte sich schon 1953 um den US-Markt, wo die Firma Abraham seit 1945 eine Niederlassung führte. Ab 1964 war er auch Direktor der Abraham Silks Co. Inc. in New York. Es gelang ihm, Kontakte zur Modeprominenz in New York und Kalifornien auf- und auszubauen. Führende Modeschöpfer wie Norman Norell, Mainbocher, Bill Blass, Oscar de la Renta, Pouline Trigere, Adele Simpson, Geoffrey Beene, Halston, Calvin Klein, Ralf Lauren, Kaliforniens Galanos oder Adolfo halfen entscheidend mit, Abraham auch auf der anderen Seite des Atlantiks zu einem Begriff zu machen.
Rhonheimer wurde aber schon als junger Verkaufschef nach dem zweiten Weltkrieg klar, dass nur mit einer maximalen weltweiten Durchdringung der Märkte die nötigen Grundlagen für eine risikoabgesicherte Produktions- und Absatztätigkeit geschaffen werden konnten. Weil die L. Abraham & Co. Seiden AG dank der Erfolge in der Pariser Haute Couture Gefahr lief, ein zu couturehaftes Image zu erhalten, war es das Bestreben Rhonheimers, den Beweis zu erbringen, dass Abraham nicht nur Haute Nouveautés auf höchster Stufe individuell herstellte, sondern auch die Detaillisten, Grossisten und vor allem die Pret-à-Porter-Hersteller mit marktgerechten Kollektionen bedienen konnte. Dazu gehörten auch immer Innovationen, die der Firma das Image verlieh, beim Wandel der internationalen Stoffmode an vorderster Front mit dabei zu sein.
1968 trat Ludwig Abraham zurück und Gustav Zumsteg wurde alleiniger Geschäftsinhaber der nun Abraham AG genannten Firma. In dieser Zeit führte die Firma neben dem exklusiven Seidenprogramm auch Baumwolldrucke, Synthetics und Jerseys im Angebot. Dank dieser breiten Palette konnte das geschäftliche Risiko bei Schwankungen des Marktpotentials oder während der ersten Frankenkrise in den 1970er-Jahren verringert werden.
Am 30. Juni 1988, verliess Direktor und Verwaltungsrat Hans Georg Rhonheimer nach 45 Jahren in leitender Stellung die Firma Abraham AG. Unter Gustav Zumsteg spezialisierte sich das Unternehmen auf den Vertrieb von Haute Couture. Weil die Haute Couture aber ab den 1970er-Jahren zunehmend an Abnehmern verlor, musste die Abraham AG 2002 Konkurs anmelden.
Neben seiner geschäftlichen Tätigkeit wirkte Hans Georg Rhonheimer während vier Jahren im Vorstand des Schweizer Seidenstoff Grosshandels- und Exportverbandes, acht Jahre als Vizepräsident des Verbands Schweizerischer Woll- und Seidenstoff-Fabrikanten VSWS sowie zwölf Jahre als Präsident der Redaktionskommission von "Textiles Suisses". Rund 18 Jahre durfte er im Vorstand der Exportwerbung für Schweizer Textilien mitwirken, davon vier Jahre als deren Präsident. Er widmete sich auch Nachwuchsproblemen und organisierte zweimal ein "Rencontre Suisse du Jeune Talent" in St. Gallen. Seit 1973 war er als schweizerischer Delegierter bei der Commission Europeenne Promotion Soie CEPS tätig. 1987 wurde er deren Präsident. Weiter war er Mitgründer und bis 2004 Präsident der Limmat-Stiftung, die gemeinnützige Zwecke im In- und Ausland verfolgt.
Benutzte Quellen und Literatur: Bellardi, Giorgio L.: Abschluss einer erstaunlichen Berufskarriere. Hans Georg Rhonheimer Abraham AG tritt zurück, in: [...]rmode 6, 1988, S. 24–25. Wider, Martin/Koellreuter, Isabel: Von Abraham bis Zumsteg. Ein historischer Überblick mit Lücken. In: Soie pirate, Bd. 1: Geschichte der Firma Abraham, Zürich, 2010. (StAZH Bib. De A 3a/1) |
Fondsgeschichte: | Ende 2011 lancierte die Zürcherische Seidenindustriegesellschaft ZSIG auf Anregung des Staatsarchivs Zürich ein Projekt, um die Bestände der Zürcher Seidenindustrie nachhaltig zu sichern, zu verzeichnen und einer interessierten Öffentlichkeit dauernd zugänglich zu machen. Hierfür gingen die ZSIG, das Schweizerische Nationalmuseum SNM und das Staatsarchiv eine Projektpartnerschaft ein. Nach dem gemeinsam entwickelten Modell gehen Geschäftsakten, Familienunterlagen und Fotografien ins Staatsarchiv; textile Bestände, Musterbücher und Objekte ins SNM. Der Nachlass von Hans Georg Rhonheimer wurde dem Staatsarchiv als Teil der Ablieferung 2014/097 geschenkt. Es wurde als Bestand W I 114 durch Pascal Pauli zwischen Februar und April 2016 erschlossen. |
Access regulations: | Es gelten die gleichen Einschränkungs- und Schutzfristen wie für staatliche Unterlagen. |
Related material: | Das Textilarchiv der Firma Abraham AG, Zürich, befindet sich im Schweizerischen Nationalmuseum. Es enthält unter anderem auch das "Kontrollbuch über Angestellte und Arbeiter der Firma Abraham, Brauchbar & Cie." aus dem Zeitraum 1919 bis 1940, das im Buch zur Ausstellung "Soie pirate" mehrfach erwähnt wird. |
Bestände: | W I 114 |
Level: | Fonds |
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Usage |
Permission required: | [Leer] |
Physical Usability: | Uneingeschränkt |
Accessibility: | [Leer] |
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URL for this unit of description |
URL: | https://suche.staatsarchiv.djiktzh.ch/detail.aspx?ID=3413150 |
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