E II 700 Bevölkerungsverzeichnisse (Gebrauchskopien), 1633-1806 (Klasse)

Archive plan context


Ref. code:E II 700
Title:Bevölkerungsverzeichnisse (Gebrauchskopien)
Inhalt und Form:Fotokopien der Originale unter E II 210 - E II 271; 1972 erstellt durch Werner Debrunner.

Die Bevölkerungsverzeichnisse ("Catalogi", "Gmeind-Rödel" etc.) sind auf Veranlassung von Antistes Johann Jakob Breitinger (1575-1645) angelegt worden. Zur strafferen Erfassung der Katechumenen in der Stadt und auf der Landschaft forderte erstmals die "Ordnung der Dieneren der Kilchen in der Statt unnd uff der Landtschafft Zürich" vom 3. Mai 1628 jeden der Zürcher Synode unterstellten Pfarrer auf, "alle Jahr und eines jeden besonder, in ein ordenliche Verzeichnuß [zu] bringen die Namen aller Hußvätteren, Kinden unnd Diensten, damit er wüsse die zahl aller vertrauwten seelen" (Mandatsammlung III AAb 1.2, Nr. 34; Edition: Zürcher Kirchenordnungen, Bd. 1, Nr. 238, S. 676).

Nachdem bis im Frühjahr 1634 nur ganz wenige Prädikanten dem Aufruf gefolgt waren, sahen sich Bürgermeister und Rat erneut gezwungen - diesmal im Zusammenhang mit der Bekämpfung des "leichtfertigen Fluchens, Schwörens und Gotteslästerns" in der Stadt und auf der Landschaft - die saumseligen Pfarrer ernsthaft zur Ablieferung ihrer Verzeichnisse auf die Mai-Synode 1634 anzuhalten (E II 2, S. 75).

Die Verzeichnisse wurden sodann kapitelweise vereinigt, zu drei Folianten gebunden und so der Synode präsentiert. (E II 2, S.105). Sie umfassen ausser den zürcherischen evangelischen Gemeinden diejenigen des Kantons Thurgau, des unteren Rheintals (Kanton St. Gallen), der aargauischen Pfarreien Tegerfelden und Zurzach sowie der schaffhausischen Orte Burg, Dörflingen und Stein am Rhein. In einem dreijährigen Turnus wurden sie bis 1649 jeweils neu aufgenommen. Sie brechen dann jedoch ab und setzen allgemein erst wieder um 1670/1671 ein. In unregelmässiger Folge reichen sie teilweise bis tief ins 18. Jahrundert hinein. Sie finden ihre Fortsetzung in den von den Pfarrern für ihren eigenen Gebrauch angelegten Haushaltungsrodeln (E III).

Im Interesse einer zweckmässigeren Benutzung der nach Pfarrkapiteln geordneten Originalbände (E II 210 - E II 271) und gleichzeitig zu deren Schonung wurden von den im Rahmen der Sicherheitsverfilmung der Bestände des Staatsarchivs erstellten Mikrofilmen Rückvergrösserungen im Xeroxverfahren angefertigt. Die nun nach Pfarreien zusammengefassten Verzeichnisse stehen seit 1972 der Benutzung offen. Die Originale werden nur noch auf begründeten Wunsch zur Verfügung gestellt.
Als älteres analoges Findmittel steht im Staatsarchiv zur Verfügung:
- Alphabetisches Register der Bevölkerungsverzeichnisse des 17. und 18. Jahrhunderts (E II 210 - E II 270 a), erstellt von Friedrich Hegi 1910.
Ferner:
- Register zu den Bevölkerungsverzeichnissen aus dem 17. und 18. Jahrhundert im Staatsarchiv Zürich. Ausgezogen im Auftrage der Vereinigung für Familienkunde Sankt Gallen und Appenzell von Ernst Alther. Bern 1947. Typoskript. [StAZH Bib. Ec 556]

Da die (gemäss Schmidt/Egger 2016 insgesamt 1735) Verzeichnisse über Namenlisten und Altersangaben hinaus auch auf die katechetischen Kenntnisse der einzelnen Personen eingehen sowie die in den Familien vorhandenen Bücher (vor allem Erbauungsliteratur) nennen, sind sie gleichermassen als genealogische wie als bevölkerungs- und kulturgeschichtliche Quellen geschätzt. Seit einigen Jahren stehen sie auch im Fokus der Schulgeschichte und der historischen Bildungsforschung der Frühen Neuzeit (Frage der Alphabetisierung der städtischen und ländlichen Gesellschaft).

Literaturhinweise:
- Albrecht-Birkner, Veronika: Libri status animarum - Seelenbeschreibungen - Seelenregister. Zum Forschungsstand, in: "Seelenbeschreibungen". Eine frühneuzeitliche Quellengattung und ihr konfessions- und bildungsgeschichtlicher Kontext, hg. von Heinrich Richard Schmidt u. a., Berlin und Boston 2022 (Konfession und Literalität in der Vormoderne. 1), S. 41-70, hier S. 49-54.
- Egger, Michael: Zürcher Bevölkerungsverzeichnisse. Eine "Pisa-Studie" in der Frühen Neuzeit? Lesen zwischen Schulbildung, Frömmigkeit, Privatlektüre und sozialer Wirklichkeit in Stadt und Landschaft zwischen 1637 und 1750. Masterarbeit Bern 2015.
- Egger, Michael: Beschreibungen aller Seelen. Zürcher "Bevölkerungsverzeichnisse" als Zeugnisse für Literalität und Konfessionalisierung, in: "Seelenbeschreibungen". Eine frühneuzeitliche Quellengattung und ihr konfessions- und bildungsgeschichtlicher Kontext, hg. von Heinrich Richard Schmidt u. a., Berlin und Boston 2022 (Konfession und Literalität in der Vormoderne. 1), S. 75-110.
- Letsch, Walter: Demographic Aspects of the Early Modern Times. The Example of the Zurich Countryside in a European Perspective. Bern u. a. 2017 (Population, Family, and Society. 26).
- Schmidt, Heinrich Richard, und Michael Egger: Alphabetisierung, Schulbesuch und Lektüre im Kontext dörflicher Strukturen des Kantons Zürich vor 1800, in: Dörfliche Erwerbs- und Nutzungsorientierungen (Mitte 17. bis Anfang 19. Jahrhundert). Bausteine zu einem überregionalen Vergleich, Kassel 2016, S. 99-127.
- Schmidt, Heinrich Richard: Der Stand der Alphabetisierungsforschung in Europa, in: "Seelenbeschreibungen". Eine frühneuzeitliche Quellengattung und ihr konfessions- und bildungsgeschichtlicher Kontext, hg. von Heinrich Richard Schmidt u. a., Berlin und Boston 2022 (Konfession und Literalität in der Vormoderne. 1), S. 3-40, hier S. 21-30.
- Schuler, Martin: Volkszählungen in der Schweiz vor 1850. Die Bevölkerungszahlen auf lokaler Ebene, hg. vom Bundesamt für Statistik (BFS). Neuchâtel 2023.
- Strehler, Hedwig: Beiträge zur Kulturgeschichte der Zürcher Landschaft, Kirche und Schule im 17. und 18. Jahrhundert. Diss. phil. I. Zürich 1934 (Teildruck).
- Strehler, Hedwig: Kulturgeschichtliche Bilder aus der Zürcher Landschaft im 17. und 18. Jahrhundert, in: Zürcher Taschenbuch NF 55, 1935, S. 32-119.
- Wartburg-Ambühl, Marie-Louise von: Alphabetisierung und Lektüre. Untersuchung am Beispiel einer ländlichen Region im 17. und 18. Jahrhundert. Bern 1981 (Europäische Hochschulschriften. I/459). (Eine kritische Würdigung der Publikation bei Schmidt/Egger 2016, S. 109-111.)

Weitere Literatur:
- Baer, Max: Medizinisch statistische Ergebnisse aus zürcher. Kirchenbüchern des 17. u. 18. Jahrhunderts. Diss. Zürich 1926.
- Frei, Reinhold: Die Bevölkerung der Kirchgemeinde Höngg anno 1634 [kommentierte Edition]. Zürich 1938 (Mitteilungen der Ortsgeschichtlichen Kommission des Verschönerungsvereins Höngg. 7).

Eine im Staatsarchiv vorgenommene Sichtung aller Verzeichnisse von 120 zürcherischen Pfarrgemeinden im Hinblick auf den Bildungsgrad der Bevölkerung hat beispielsweise ergeben, dass in den nachstehenden Bevölkerungsverzeichnissen die entsprechenden Personen mit dem Zusatz "lesen und schreiben" gekennzeichnet sind:
Albisrieden 1637 (!)
Altstetten 1646 (!)
Bäretswil 1723
Buchs 1734
Dielsdorf 1694, 1727
Dietlikon 1711, 1723
Dübendorf 1764
Enge 1637 (!)
Fällanden 1695, 1710
Flaach und Volken 1727, 1732, 1736/37, 1760
Hausen am Albis 1762
Hedingen 1708
Herrliberg 1634 (!)
Hettlingen 1752
Hirzel 1689
Höngg und Engstringen 1728/1733
Knonau 1708
Kyburg 1725
Lindau 1678, 1682, 1723
Meilen 1697
Oetwil am See 1762/1763
Pfäffikon 1678
Rafz 1762
Regensberg 1727
Richterswil 1682
Russikon 1710
Schlieren 1694, 1710
Uster 1709
Veltheim 1721
Weiningen 1764
Wiesendangen 1750
Wildberg 1726
Creation date(s):1633 - 1806
Creation date(s), scattered dates:1972
Number:173
Level:Klasse
Ref. code AP:E II 700
Weblinks:Schmidt/Egger 2016
Egger 2015
Seelenbeschreibungen 2022
Schuler 2023
Strehler 1935
 

Related units of description

Related units of description:Siehe:
III AAb 1.2, Nr. 34 Prädikantenordnung und Synodalordnung der Stadt Zürich, 1628 (Dokument)

Reproduktion von:
E II 210 - E II 275 Bevölkerungsverzeichnisse, 1634-1806 (Klasse)
 

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