Zwicky und Co. AG, Seidenzwirnerei, Wallisellen, 1835-2010 (Fonds)

Archive plan context


Title:Zwicky und Co. AG, Seidenzwirnerei, Wallisellen
Inhalt und Form:Das Firmenarchiv der Zwicky und Co. AG besteht aus Schriftgut, Fotografien, Plänen und Plakaten aus der Zeit von der Firmengründung 1840 bis zur Liquidation 2001 und der sich daran anschliessenden Neuausrichtung der Firma auf die Immobilienverwaltung.
Der grösste Teil der Unterlagen stammt aus der Firmenleitung und -administration und umfasst neben den Jahresberichten und Jahresrechnungen hauptsächlich Finanzunterlagen, Personaldossiers, Personalvorsorge, Korrespondenz sowie Unterlagen zur Öffentlichkeitsarbeit.
Einen zweiten Schwerpunkt bilden die Unterlagen zu Liegenschaften und Infrastruktur, namentlich Kaufbriefe, Urkunden und Verträge für Grundstücke und Gebäude, Akten und Pläne zu Neu- und Umbauten der Fabrikgebäude, Firmenwohnungen und Mietshäusern sowie zum Bau und Unterhalt der Infrastruktur. Den dritten Schwerpunkt bilden Unterlagen aus den Bereichen Produktion, Vertrieb und Zweigniederlassungen mit Unterlagen zu Arbeitsabläufen, Arbeitsanleitungen, Kundenkontakten und Werbemassnahmen.
Andere Namen:Johann Caspar Guggenbühl, Seidenzwirnerei (1840-1886)
Zwicky-Guggenbühl und Co. (1886-1896)
F. Zwicky, Seidenzwirnerei und Färberei (1896-1918)
Zwicky und Co. (1918-1982)
Zwicky und Co. AG (seit 1982)
Creation date(s):1835 - 2010
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Number:2730
Aktenbildner:Die Firma Zwicky und Co. stellte Seidenzwirne und Nähfäden her. Das Firmenareal befand sich auf dem Neugut, einem im Glattal auf Seite der Gemeinde Wallisellen und der Gemeinde Dübendorf gelegenen Stück Land. Das Unternehmen wurde 1840 von Johann Caspar Guggenbühl gegründet. Er hatte die 1832 eröffnete mechanische Werkstatt und Schmiede gekauft (mit finanzieller Beteiligung von Conrad Pestalozzi-Hofmeister). In der Zwirnerei von Johann Caspar Guggenbühl wurden zunächst rohe Seidenzwirne hergestellt; wenig später kamen Näh- und Stickseide hinzu. Erste infrastrukturelle Veränderungen waren der Neubau von Fabrikationsgebäuden, u. a. eine Färberei mit Gasfabrik (1848), eine Zwirnerei und Ausrüsterei (1851) sowie Wohn- und Verköstigungshäuser für die Belegschaft und ihre Familien (1845-1847). 1855 arbeiteten 151 Frauen, 105 Kinder und 59 Männer in der Zwirnerei.
Nach dem Tod des Vaters übernahm Johann Jakob Guggenbühl 1861 das Geschäft. Unter seiner Leitung wurde 1872 die erste Zweigniederlassung in Kurzdorf-Frauenfeld TG gegründet. 1859 bereits hatte man dort eine erste Seidenzwirnerei erworben. Dies waren entscheidende Schritte für eine auch über die Grenzen der Schweiz hinausreichende Erfolgsgeschichte in der Produktion und Vermarktung von Näh- und Zwirnseide.
1886 übernahm Fridolin Zwicky-Guggenbühl, der Schwiegersohn von Johann Jakob Guggenbühl, die Firmenleitung. Er war bei seinem Grossvater Johann Kaspar Zuppinger, dem Besitzer der Baumwollspinnerei an der Herzogenmühle, in Wallisellen, in die Lehre gegangen und hatte dessen Fabrik noch für einige Zeit geführt. Unter seiner Leitung wurden die bestehenden Fabrikations- und Wohnbauten im Neugut abermals erweitert und erneuert, Fabrikationsmaschinen ersetzt und die Elektrifizierung sämtlicher Arbeitsbereiche voran getrieben. Einer der Beweggründe für diese Veränderungen war die internationale Konkurrenz. Über lange Zeit hatte man die Fäden auf der Basis von Rohseide verarbeitet. Diese Rohseide stammte aus China und Japan. Vor einer industriellen Verarbeitung musste sie zunächst in Heimarbeit gesponnen werden. Hierbei handelte es sich um ein aufwendiges und teures Verfahren. Unter sehr viel günstigeren Bedingungen konnten Zwirne aus Seideabfällen (Schappeseide) hergestellt werden. Von dieser Innovation profitierte auch die Firma Zwicky. Unter Fridolin Zwicky-Guggenbühl kam es ausserdem zur Gründung von weiteren Zweigniederlassungen in Kloten und Volketswil sowie von Depots im europäischen Ausland (u. a. Paris, London, Wien, Belgrad, Berlin, Prag), von denen aus Zwicky-Produkte vertrieben wurden. Die Erhöhung der Einfuhrzölle im Vorfeld des Ersten Weltkrieges veranlasste auch die Firma Zwicky, Zwirne und Nähgarn im Ausland herzustellen. Entsprechende Standorte gab es bspw. in St. Louis (Frankreich), in der Nähe von Lyon (Frankreich), Bukarest (Rumänien), Gotha (Deutschland) oder an einigen bereits bestehenden Standorten mit Handelsdepots.
1918 wurde die Firma Zwicky in eine Kollektivgesellschaft umgewandelt. Zu dieser Zeit arbeiteten ca. 500 Arbeiter in der Hauptniederlassung in Wallisellen und den Zweigniederlassungen der Schweiz. Man erhoffte sich, auf diese Weise ökonomischen Krisenerscheinungen wie jenen zur Zeit des Ersten Weltkrieges besser zu begegnen. Dass diese Hoffnung nicht von langer Dauer war, zeigte der Zweite Weltkrieg. Der firmeneigene landwirtschaftliche Betrieb auf dem Neugut (ca. 36 ha und diverses Vieh) war zu dieser Zeit mindestens genau so profitabel und wichtig wie das Spinnen, Zwirnen und Färben von Seidenfänden. Von den 300 Angestellten und Arbeitern halfen unzählige in der landwirtschaftlichen Produktion. Nach 1945 gelang es auch Zwicky und Co., vom allgemeinen Nachkriegsboom zu profitieren. Einen wichtigen Faktor bildeten die firmeneigenen Forschungs- und Versuchsarbeiten bei der Herstellung von Kunstseide. Man folgte damit einem internationalen Trend in der Produktion von Nylon- und Polyestergarnen. Aber auch im Bereich der Färberei und Zwirnerei wurden wichtige Innovationen getätigt, um mit dem internationalen Marktgeschehen Schritt zu halten.
Um 1960 arbeiteten noch 300 Angestellte in der Hauptniederlassung in Wallisellen und den Zweigniederlassungen der Schweiz. Von da an sank die Zahl der Angestellten stetig. Der Druck der internationalen Konkurrenz verschärfte sich, die Umsätze gingen zurück, Zweigniederlassungen mussten geschlossen werden. In Wallisellen entschied man sich jedoch nicht dazu, die Produktion in Billiglohnländer zu verlagern. Dort konzentrierte man sich auf die Herstellung von Spezialzwirnen, insbesondere für die Autoindustrie. Mit der Gründung einer Aktiengesellschaft im Jahr 1982 hielt man an diesem Prinzip fest. Um 1990 wurden an vier übrig gebliebenen Produktionsstandorten, in Wallisellen, Kurzdorf-Frauenfeld TG, Hegenheim (Frankreich) und Pirmasens (Deutschland), noch ca. 150 Tonnen Seidenfaden und ca. 250 Tonnen Nähfaden pro Jahr hergstellt. Davon waren ca. Zweidrittel für den Export in mehr als 60 Länder bestimmt. Erneute Investitionen und Erneuerungen der Maschinen liessen die Angestelltenzahl zu dieser Zeit auf 200 zurückgehen.
Im Jahr 2001 wurde die Zwirn- und Nähgarnherstellung in der Hauptniederlassung im Neugut endgültig eingestellt und Zwicky und Co. mit der Gütermann und Co. AG in Gutach-Breisgau (Deutschland) zusammengelegt. Die noch verbliebenen 30 Mitarbeitenden verloren ihren Arbeitsplatz.
Der letzte Geschäftsführer der Zwicky und Co. AG, Peter Zwicky, trat in die Geschäftsführung der Gütermann-Gruppe über. Die Zwicky und Co. AG wurde in eine Immobilienagentur umgewandelt. Die ehemaligne Fabrikgebäude auf dem Neugut wurden zu Büro-, Gewerbe- und Wohnräumen umgebaut und vermietet. Andere Teile des Areals wurden von externen Firmen und Investoren neu bebaut.

Geschäftsleitung:
1840-1861 Johann Caspar Guggenbühl
1861-1886 Johann Jacob Guggenbühl
1886-1918 Fridolin Zwicky-Guggenbühl
1918-1941 Fridolin Zwicky-Guggenbühl, Carl Adolf Burckhardt-Zwicky und Ernst Zwicky-Ilg
1941-1961 Carl Adolf Burckhardt-Zwicky und Ernst Zwicky-Ilg
1961-1987 Christoph Burckhardt und Dieter Zwicky
1988 Dieter Zwicky
1988-2001 Peter Zwicky
seit 2001 Monica Elisabeth Zwicky, Andreas Ludwig, Peter Zwicky (Verwaltungsrat)

Benutzte Quellen und Literatur:
Bärtschi, Hans-Peter: Industriekultur im Kanton Zürich. Unterwegs zu 222 Schauplätzen des produktiven Schaffens, Zürich, 2009
Bodenmann, Fritz / Grimm, Albert / Niederhauser, Peter / Wehrle, Peter: Verzelle vo Walliselle. Geschichte der Gemeinde Wallisellen vom Zweiten Weltkrieg bis zur Jahrtausendwende, Wallisellen, 2002
Geschichte der Gemeinde Wallisellen, Hrsg. von der Gemeinde Wallisellen, Wallisellen 1952
Gewerbe=Ausstellung Wallisellen, 21. Juli bis 5. August 1923, Ausstellungskatalog, Wallisellen, 1923 (StAZH Bib. DcW 5.11)
Hösli, Fridolin: Das Neugut wandelt sich, in: Heimatbuch Dübendorf, Nr. 57, Hrsg.: Verkehrs- und Verschönerungsverein Dübendorf, 2003, S. 63-80
Walliseller Chronik, 1984-2010 (StAZH Bib Dm 1052)
Fondsgeschichte:Ende 2011 lancierte die Zürcherische Seidenindustriegesellschaft ZSIG auf Anregung des Staatsarchivs des Kantons Zürich ein Projekt, um die Bestände der Zürcher Seidenindustrie nachhaltig zu sichern, zu verzeichnen und einer interessierten Öffentlichkeit dauernd zugänglich zu machen. Hierfür gingen die ZSIG, das Schweizerische Nationalmuseum SNM und das Staatsarchiv eine Projektpartnerschaft ein. Nach dem gemeinsam entwickelten Modell gehen Geschäftsakten, Familienunterlagen und Fotografien ins Staatsarchiv; textile Bestände, Musterbücher und Objekte ins SNM.
Die Unterlagen der Firma Zwicky und Co. wurden mit der Ablieferung 2015/046 am 30.04.2015 im Staatsarchiv deponiert. Die Erschliessung des Bestands erfolgte zwischen Januar 2016 und Februar 2017 durch Jan Kiepe unter Mithilfe von Julia Keller.
Legal status:Kollektivgesellschaft (1918-1982)
Aktiengesellschaft (seit 1982)
Access regulations:Es gelten die gleichen Einschränkungs- und Schutzfristen wie für staatliche Unterlagen.
Related material:W I 113 Zwicky, Familie
Bestände:W I 112
Level:Fonds
Weblinks:Webseite der Zwicky und Co. AG Immobilien
 

Related units of description

Related units of description:Siehe:
Zwicky, Familie, von Wallisellen und Mollis GL, 1863-2000 (ca.) (Fonds)
 

Usage

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Physical Usability:Uneingeschränkt
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URL: https://suche.staatsarchiv.djiktzh.ch/detail.aspx?ID=3314620
 

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