Börsenkommissariat, 1887-2000 (Fonds)

Archive plan context


Title:Börsenkommissariat
Inhalt und Form:Unterlagen aus der staatlichen Aufsichtsfunktion über den Handel mit Wertpapieren und die Sparkassen.
Andere Namen:Börsenkommissariat und Sparkassenkontrolle
Börsenkommissariat, Sparkassenkontrolle und Aufsichtsamt für Darleiher und Kreditvermittler
Creation date(s):1887 - 2000
Running meters:31.28
Number:1334
Aktenbildner:Nachdem in den 1870er-Jahren der Effektenbörsenverein Zürich gegründet worden war, der fortan die Zürcher Börse betrieb, wurde der Börsenverkehr mit Wertpapieren mit dem Gesetz betreffend die Gewerbe der Effektensensalen und Börsenagenten vom 2. Dezember 1883 der staatlichen Aufsicht unterstellt (OS 21, S. 52-56). Personen, die an der Börse Käufe und Verkäufe von Wertpapieren vermitteln oder abschliessen wollten, benötigten ab diesem Zeitpunkt von der Direktion des Innern eine Bewilligung, hatten eine jährliche Gebühr zu entrichten und mussten eine Realkaution in vorgeschriebener Höhe bei der Finanzdirektion hinterlegen. Zur Aufsicht über den Betrieb der Börsengeschäfte konnte der Regierungsrat fortan einen oder mehrere Kommissäre ernennen. Diese waren bei der Versammlung der Börse anwesend und hatten das Recht, auf eine Beschwerde hin oder bei Verdacht, dass die gesetzlichen Gebühren nicht entrichtet wurden, Einsicht in das Journal zu nehmen und die Registrierung der Geschäfte zu überprüfen. Weiter überwachten sie die Einhaltung des Gesetzes und die korrekte Veröffentlichung der Wertpapierkurse.
Mit dem Gesetz betreffend den gewerbsmässigen Verkehr mit Wertpapieren vom 31. Mai 1896 (OS 24, S. 191-199) wurden per 1. Juli 1896 auch die ausserbörslichen Wertpapierhändler angehalten, ihren Geschäftsbetrieb und das Geschäftsdomizil dem Staat zu melden.
Infolge einer Reorganisation der Direktionen, wurde das Börsenkommissariat ab dem 9. Mai 1899 der neu geschaffenen Direktion der Volkswirtschaft unterstellt (OS 25, S. 336-356 und Rechenschaftsbericht des Regierungsrats, 1899, S. 83).
Die Zunahme der Geschäfte mit Wertpapieren im neuen Jahrhundert bewog die Regierung, das bestehende Gesetz zu überarbeiten. Mit dem Gesetz betreffend den gewerbsmässigen Verkehr mit Wertpapieren vom 22. Dezember 1912 (OS 29, S. 477-488) übernahm der Kanton die Herausgabe des Kursblattes und die Bereitstellung der Börsenlokalität. Im Gegenzug verlangte der Kanton die Kotierungsgebühr für sich. Zudem wurde eine Börsenkommission geschaffen, die der Regierung begutachtend zur Seite stand und deren Vorsitz der Volkswirtschaftsdirektor inne hatte. Das Gesetz, welches am 1. Januar 1913 in Kraft trat, galt bis zur Aufhebung des Börsenkommissariats.
Die Pflichtordnung für das Börsenkommissariat von 1896 blieb zunächst unverändert bestehen und wurde erst durch die Verordnung über die Aufgaben und Befugnisse des Börsenkommissariates vom 25. Februar 1960 abgelöst (OS 24, S. 227-228, OS 40, S. 771-773). Anfang 1993 trat die Verordnung zum Wertpapiergesetz in Kraft (OS 52, S. 345-349). Darin wurden die Kernaufgaben des Börsenkommissariates beibehalten, jedoch wurden die Präsenz des Börsenkommissärs während den Börsensitzungen sowie die Unterzeichnung des Original-Kursblattes aufgehoben.
Nachdem 1995 von den Börsen in Genf, Basel und Zürich die Elektronische Börse Schweiz EBS lanciert worden war, wurde der elektronische Handel sukzessive ausgebaut. Im Sommer 1996 wurde der Handel am Ring (Handel à la criée) ganz eingestellt. Mit der vollständigen Einführung der EBS erfolgte der Übergang von der Zürcher Börse zur Schweizer Börse (SWX). Letztere wurde bis zum Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die Börsen und den Effektenhandel vom 24. März 1995 (SR 954.1 (BEHG) im Jahr 1997 der Oberaufsicht des Regierungsrates unterstellt. Die Aufsicht übernahm ab 1997 die Eidgenössische Bankenkommission (EBK) bzw. liegt seit 2009 bei der Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA). Folglich wurden per Anfang Februar 1998 die Be-stimmungen des Kantons Zürich über die Börsen und per Ende Januar 2000 diejenigen über die Effektenhändler ausser Kraft gesetzt. Das Börsenkommissariat wurde 1999 aufgelöst.
Die Zahl der Mitarbeitenden im Börsenkommissariat bewegte sich neben dem Börsenkommissär und seinem Stellvertreter in kleinem Rahmen und erreichte mit rund 10 Mitarbeitenden zu Beginn der 1990er-Jahre seinen Höchststand.

Neben der Beaufsichtigung des Handels mit Wertpapieren wurden dem Börsenkommissariat im Laufe der Zeit weitere Aufgaben, die der Direktion der Volkswirtschaft zugeordnet waren, übertragen, namentlich die Sparkassenkontrolle und die Aufsicht über die Darleiher, Darlehens- und Kreditvermittler.
Mit der Inkraftsetzung des Gesetzes betreffend die staatliche Beaufsichtigung der Sparkassen vom 14. Dezember 1913 wurde beschlossen, diese Aufgabe der Direktion der Volkswirtschaft zuzuteilen (OS 29, S. 687-692, RRB 2663/1913). Ab 1919 wurde die Aufsicht über diejenigen Sparkassen, die sich nicht im Revisionsverband der Spar- und Leihkassen zusammengeschlossen hatten, durch das Börsenkommissa-riat wahrgenommen und der Börsenkommissär war zugleich auch der Sparkassenkontrolleur (Rechenschaftsbericht des Regierungsrats, 1918, S. 210f., 1919, S. 229-234). Das Gesetz von 1913 wurde 1938 durch das Gesetz über die Sicher-stellung von Spareinlagen abgelöst, welches wiederum durch Änderungen beim Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs per 1. Januar 1997 ausser Kraft trat. (OS 36, S. 12-13, RRB 1996/3437). Die Sparkassen, die gesetzlich geregelte Spareinlagen entgegennahmen, waren gemäss dem Ge-setz verpflichtet, mindestens 80 % der Spargelder in staatli-chen Wertpapieren anzulegen. Die Wertpapiere waren in feuersicheren Schränken aufzubewahren und konnten von den Organen des Unternehmens nur unter gleichzeitiger Mit-wirkung eines Schlüsslers, der die Sparkassengläubiger vertrat und vom Regierungsrat gewählt wurde, eingesehen wer-den. Die Sparkassen hatten jährlich ihre Jahresrechnung und einen Revisionsbericht dem Sparkassenkontrolleur einzureichen. Die Aufsicht über die Sparkassen verblieb bis zur Auf-hebung der gesetzlichen Grundlage Ende 1996 beim Börsen-kommissariat bzw. dem Sparkassenkontrolleur.
Gestützt auf das Einführungsgesetz zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch erliess der Regierungsrat per 22. November 1942 eine Verordnung über die Darleiher, Dar-lehens- und Kreditvermittler, wobei die Aufsicht über deren Einhaltung der Direktion der Volkswirtschaft unterstellt wurde (OS 36, S. 692-696). Die Aufgabe wurde dem am Börsen-kommissariat tätigen ersten Sekretär Richard Motschmann übertragen und war von 1943 bis August 1951 dort angesie-delt, als Aufsichtsamt für Darleiher und Kreditvermittler (RRB 1943/463, RRB 1943/2068, RRB 1948/1863, RRB 1952/2278). Nachdem die Kontrollfunktion vorübergehend durch einen Beamten der Direktionskanzlei wahrgenommen wurde, wurde sie ab 1. Juli 1955 durch das Industrie- und Gewerbeamt versehen (RRB 1955/1976, RRB 1955/1977).

Börsenkommissäre:
1884-1886 Rudolf Zuan-Salis (1840-1896), Kaufmann, von Sils im Engadin
1886-1919 Ernst Leutenegger, von Zürich
1920-1922 Alfred Rellstab, von Rüschlikon und Heinrich Süry (gest. 1922) von Winterthur
1923 -1929 Johannes Schelling, von Schaffhausen
1930-1939 K. Strasser, Dr., von Winterthur
1939 -1958 Walter Amrhein, von Zürich und Engelberg OW
1959-1987 Franz Hunter, von Zürich
1988-2000 Josef Brem

Benutzte Quellen und Literatur:
Offizielle Sammlung der Gesetze des Kantons Zürich
Staatskalender des Kantons Zürich
Rechenschaftsberichte und Beschlüsse des Regierungsrats
Schmid, Hans Rudolf, Meyer, Richard T.: Die Geschichte der Zürcher Börse, Zum hundertjährigen Bestehen der Zürcher Börse herausgegeben vom Effektenbörsenverein Zürich, Zürich 1977 (StAZH Bib. Dg 630).
Fondsgeschichte:Die Unterlagen des Börsenkommissariats und der Sparkassenkontrolle kamen mit der Ablieferung 2000/038 ins Staatsarchiv. Die Ablieferung 2000/038 wurde unterschiedlich detailliert im Zwischenarchiv verzeichnet und gleichzeitig umgepackt. Vor der Erschliessung für das Endarchiv wurde die Ablieferung nachbewertet. Dabei wurde von den Bewilligungen für die Vertreter eine inhaltliche und systematische Auswahl getroffen. Die übrigen Aktengruppen wurden vollständig aus dem Zwischenarchiv ins Endarchiv überführt.
Die Ablieferung wurde als Bestand Z 622 unter der Leitung von Monika Rhyner durch Armin Gockenbach und Alberto Fasulo vom Juli bis Dezember 2015 erschlossen. Der Fondsbeschrieb wurde von Monika Rhyner im März 2016 erstellt.
Publications:Lussy, Hanspeter, Bonhage, Barbara, Horn, Christian: Schweizerische Wertpapiergeschäfte mit dem Dritten Reich, Handel, Raub und Restitution, Hg. von der UEK Schweiz-Zweiter Weltkrieg (Veröffentlichungen der Unabhängigen Expertenkommission Schweiz-Zweiter Weltkrieg, Bd. 14) Zürich 2001 (StAZH Bib. Bq 780/14).
Related material:O 39 - O 40 Banken, Spar- und Leihkassen
O 211 - O 250, Z 11 Akten der Direktionskanzlei der Direktion der Volkswirtschaft
Bestände:Z 662
Level:Fonds
 

Related units of description

Related units of description:Siehe:
O 211 - O 250 Jahresakten, 1930-1969 (Klasse)

Siehe:
Wertpapierverkehr, Börse, Prämienloshandel, 1917-1929 (Klasse)

Siehe:
O 40 Sensale und Börsenagenten, 1836-1922 (Klasse)

Siehe:
O 39 Banken und Sparkassen, 1835-1922 (Klasse)

Siehe:
O 39 a Spar- und Leihkassen (auch Leihhäuser), 1839-1926 (Klasse)
 

Usage

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Physical Usability:Uneingeschränkt
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