Trudel, Seidenhandel, Zürich, 1922-2011.09.30 (Fonds)

Archive plan context


Title:Trudel, Seidenhandel, Zürich
Inhalt und Form:Das Firmenarchiv der Aktiengesellschaft Trudel besteht hauptsächlich aus administrativen Unterlagen, wie den Protokollen der Generalversammlung und des Verwaltungsrates, Unterlagen zu Restrukturierungen der Trudel-Gruppe sowie Korrespondenz. Darüber hinaus enthält das Firmenarchiv Verträge, Urkunden, Korrespondenz und Finanzunterlagen der Tochtergesellschaften in Italien, also der Bosetti S.p.A. in Fino Mornasco, der Modatex in Malvaglio und der Società Serica Trudel in Como, sowie der Kommanditgesellschaft Hugo Offermann in Wuppertal (Deutschland). Aus dem Bereich Handelsbeziehungen sind die Usanzen und Richtlinien zum internationalen Seidenhandel sowie die Unterlagen zu verschiedenen Entwicklungshilfeprojekten nennenswert. Schliesslich sind auch noch Unterlagen vorhanden, die aus Bernhard Trudels Tätigkeit in der Association Internationale de la Soie AIS entstanden sind.
Andere Namen:E. Trudel (1914-1920)
Aktiengesellschaft E. Trudel (1920-1942)
Aktiengesellschaft Trudel (ab 1942)
Creation date(s):1922 - 9/30/2011
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Aktenbildner:Die Firma Trudel wurde 1914 durch Emil Trudel (gest. 1959) gegründet. Er war für eine Zürcher Firma als Seideninspektor sechs Jahre in Japan, hatte sich dann in Mailand als Seidenhändler selbstständig gemacht und 1914 einen zweiten Betrieb in Zürich eröffnet.1920 wandelte er das Einzelunternehmen in die Aktiengesellschaft E. Trudel um und änderte 1942 den Namen der Firma in Aktiengesellschaft Trudel.
1949 übernahm sein jüngerer Sohn, Bernhard Trudel (1917-2013), das Geschäft. Zuvor absolvierte die Zürcherische Seidenwebschule, leitete dann ab 1942 die familieneigene Haspelei mit 250 Mitarbeiterinnen in Italien und später das Büro in Mailand, bevor er 1949 die Firma in Zürich übernahm.
Von Anfang an handelte Bernhard Trudel nicht nur mit Grège (Rohseidenfaden), sondern fand eine Marktnische, indem er auch vierschiedene Abfall- beziehungsweise Nebenprodukte wie Bourrette und Kammzüge kaufte und zur Verarbeitung weiterverkaufte.
1958 reiste er zum ersten Mal nach Japan, China und Indien, also in die Länder, aus denen er seine Ware bezog. Anfang der 1960er-Jahre gelang es ihm mit Gütermann, der grössten europäischen Seidengarnfirma, einen Liefervertrag über monatlich 4000 Kilogramm Kammzüge aus Japan abzuschliessen. Als die Kammzüge für Nähgarn nicht mehr gefragt waren, dafür aber Schappeseide in Mode kam, importierte Trudel Schappe aus Japan. Schliesslich, Ende der 1980er-Jahre, begann er, aus China Rohgewebe einzuführen.
Bernhard Trudel war mehrere Jahre lang schweizerischer Delegierter in der Association Internationale de la Soie AIS, Präsident des Seidenhändler-Verbandes, Vorstandsmitglied der Zürcherischen Seidenindustrie-Gesellschaft ZSIG und Verwaltungsrat des Textilprüfungsinstituts Testex.
Da er sich mit den herkömmlichen subjektiven Prüfmethoden nicht zufrieden gab, war er international eine treibende Kraft bei der Entwicklung von elektronischen Messgeräten. Er engagierte sich als Präsident des Silk Standard Commitee der AIS und unterstützte die Forschung finanziell mit Beiträgen aus seiner Stiftung Bertru. Aus der Zusammenarbeit mit der Firma Zellweger Uster gingen Präzisionsapparate zur Messung der Fadenstärke und zur Qualitätsüberwachung hervor.
Weiter engagierte er sich für die Weitergabe von Know-how in Japan, Indien, China und Russland, führte Ausbildungsseminare zu technischen Neuerungen und wirtschaftlichen Themen durch. In Indien gelang es ihm, dass mit schweizerischer Unterstützung eine Schule für zukünftige Seidenproduzenten eingerichtet werden konnte, an der auch Studenten aus den Nachbarländern ausgebildet werden. Seinen Handelspartnern in der damaligen Sowjetunion lieferte er 1988 neue Maschinen für sechs Millionen Franken, zahlbar mit Warenlieferungen.
2001 zog sich Bernhard Trudel aus der Geschäftsführung der Aktiengesellschaft Trudel zurück, blieb aber weiterhin Verwaltungsratspräsident der Trudel-Gruppe.
Die Firma besitzt mit de Società Serica Trudel S.p.A. auch heute noch eine Tochtergesellschaft in Italien. Früher besass sie zudem in Sarnico eine eigene Seidenspinnerei und Zwirnerei, die sie jedoch in den 1960er-Jahren, als Folge des Rückgangs der Seidenzucht in der Lombardei, aufgeben musste. In den 1980er-Jahren kaufte sie in Italien wieder eine Seidenweberei, die Bosetti S.p.A., und eine Seidendruckerei, die Modatex S.p.A. Später kamen mit der Kommanditgesellschaft Hugo Offermann eine Garnhandelsfirma in Deutschland hinzu sowie zwei chinesische Firmen, die Seidenhandelsfirma King Ledurt International Ltd. in Hong-Kong und die Seidendruckerei Zhejiang King Ledurt in Xia She. 2012 übernahm sie die für Seidenaccessoires bekannte zürcherische Firma Fabric Frontline von Andi Stutz.
Die Beteiligungen an ausländischen Firmen und Tochtergesellschaften wurden dabei zum Teil über die Ledurta AG mit Sitz in Vaduz (Liechtenstein) organisiert. 1987 gründete Bernhard Trudel die Trudel Holding AG mit Sitz in Glarus, die 2011 zur Trudel Fashion Group AG wurde und gleichzeitig den Sitz von Glarus nach Baar ZG verlegte.
Heute handelt die Firma mit Grège, Zwirn, Rohgewebe, aber auch mit fertigen Seidenprodukten. Sie kauft Stoffe, Accessoires und Kleider ein und lässt einen Teil davon weiterverarbeiten, vor allem in China. Trudel nimmt im Seidenhandel eine Drehscheibenfunktion zwischen den Produzenten in Übersee und europäischen Kunden ein. Von den Standorten Schweiz und Como (Italien) aus werden die Produkte europaweit verkauft.

Benutzte Quellen und Literatur:
20 Jahre Trudel AG, in: Mitteilungen über Textilindustrie 76, 1969, S. 100.
50 Jahre Aktiengesellschaft Trudel, Zürich, in: Mitteilungen über Textilindustrie 71, 1964, S. 187.
Morf, Isabel: Das schönste Abenteuer der Welt, in: Sieben x Seide. Die Zürcher Seidenindustrie 1954–2003, Baden 2004, S. 11–16.
Fondsgeschichte:Ende 2011 lancierte die Zürcherische Seidenindustriegesellschaft ZSIG auf Anregung des Staatsarchivs Zürich ein Projekt, um die Bestände der Zürcher Seidenindustrie nachhaltig zu sichern, zu verzeichnen und einer interessierten Öffentlichkeit dauernd zugänglich zu machen. Hierfür gingen die ZSIG, das Schweizerische Nationalmuseum SNM und das Staatsarchiv eine Projektpartnerschaft ein. Nach dem gemeinsam entwickelten Modell gehen Geschäftsakten, Familienunterlagen und Fotografien ins Staatsarchiv; textile Bestände, Musterbücher und Objekte ins SNM.
Die Unterlagen der Firma Trudel gelangten mit der Ablieferung 2013/102 am 05.07.2013 als Schenkung ins Staatsarchiv Zürich. Hinzu kamen Unterlagen zur Exportrisikogarantie und zu einem in Grossbritannien gegen die Kenneth Gain Limited geführten Gerichtsfall aus einer Ablieferung der Zürcherischen Seidenindustrie-Gesellschaft ZSIG (Ablieferung 2015/043 vom 27.04.2015). Die Erschliessung des Bestandes erfolgte zwischen November 2013 und September 2014 durch Fabienne Lutz-Studer unter Mithilfe von Barbara Brawand.
Legal status:Einzelunternehmen (1914-1920)
Aktiengesellschaft (ab 1920)
Access regulations:Es gelten die gleichen Einschränkungs- und Schutzfristen wie für staatliche Unterlagen. Einsichtsbewilligungen für noch nicht zur Benutzung freigegebene Unterlagen erteilt schriftlich Richard Pfenninger-Fabro, CEO, oder eine gültig bezeichnete Stellvertretung.
Related material:Textex AG, Textilprüfung, Zürich
Zürcherische Seidenindustrie-Gesellschaft ZSIG
Bestände:W I 102
Level:Fonds
Weblinks:Website der Trudel Fashion Group
 

Related units of description

Related units of description:Siehe:
Testex AG, Textilprüfung, Zürich, 19. Jh.-2012 (Fonds)

Siehe:
Zürcherische Seidenindustrie-Gesellschaft ZSIG, 1892-2014 (Fonds)
 

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