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Weisbrod, Familie, von Affoltern am Albis, 1538-2009 (Fonds)
Title: | Weisbrod, Familie, von Affoltern am Albis |
Inhalt und Form: | Der Bestand der Familie Weisbrod umfasst Fotografien, Korrespondenz, Ergebnisse aus den Recherchen zur Familiengeschichte, Dokumente für die Erstellung der Familienchronik durch Marion Bühler-Weisbrod und persönliche Unterlagen wie Tagebücher, Agenden und Schulzeugnisse, Todesanzeigen und Trauerreden. |
Creation date(s): | 1538 - 2009 |
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Gigabyte: | 1.64 |
Number: | 632 |
Aktenbildner: | Die Familie Weisbrod ist eine Seidenindustriellenfamilie von Affoltern am Albis. Das Geschlecht stammt aus Deutschland. Franz Peter Weisbrod (1835-1927) wuchs in Oppau in der Kurpfalz auf. 1873 liess er sich in Affoltern am Albis nieder, wo er eine Weinhandlung betrieb. 1882 wurde er in Affoltern am Albis eingebürgert.
Zur Seidenfabrikation fand die Familie Weisbrod durch ihre Verbindung mit der Familie Zürrer von Hausen am Albis. Der erste Seidenindustrielle der Familie Zürrer war Jakob Zürrer (1805-1870). Jakobs Vater, Hans Jakob Zürrer (1753-1807), war Müllerknecht und starb zwei Jahre nach dessen Geburt bei einem Unfall mit seinem Pferdefuhrwerk. Die Mutter, Anna Zürrer, geborene Huber, (1768-1811), starb früh an Tuberkulose, sodass der sechsjährige Jakob als Waise zurückblieb. 1820 trat er eine Handelslehre an und gründete 1825 zusammen mit seinem Paten Mathias Hägi eine Seidenferggerei, die bald 600-700 Heimweber beschäftigte. Neben seiner beruflichen Tätigkeit war Jakob Zürrer von 1835 bis 1839 Präsident des Zunftgerichts Hausen und von 1835 bis 1839 sowie von 1842 bis 1870 liberaler Zürcher Gross- bzw. Kantonsrat. Zudem setzte er sich für den Bau der Bahnlinie durch das Knonauer Amt ein, die 1864 den Zürcher Anschluss an die Gotthardlinie brachte. Das Beteiligungskapital der Gemeinde Hausen finanzierte er aus der eigenen Tasche.
Nach Jakob Zürrers Tod 1870 führten seine beiden Söhne Emil (1830-1879) und Theophil (1838-1905) das Geschäft weiter und leiteten den Übergang von der Ferggerei zur mechanisierten Fabrikarbeit ein. Von Theophil ist bekannt, dass er zuerst die Stadtschule in Zürich besuchte und 1855/56 eine Handelsschule in Leipzig absolvierte. Nach einem Jahr im väterlichen Betrieb wurde er 1857 nach Paris geschickt, um sich im Seidenhandel weiterzubilden. Beide Brüder heirateten Töchter der Familie Schwarzenbach, die in Thalwil eine Seidenfabrikation betrieb. Emil heiratete 1856 Emilie Schwarzenbach und Theophil 1861 Ida Schwarzenbach, deren jüngere Schwester. Theophil absolvierte zudem eine militärische Karriere. Als 1870/71 der Deutsch-Französische Krieg ausbrach, leistete er als Bataillonskommandant Aktivdienst. Zehn Jahre später kommandierte er als Oberst eine Brigade. Emil war technisch begabt und erkannte, dass die mechanischen Webstühle, die Baumwollgarne erfolgreich verweben konnten, auch für die Seidenverarbeitung einsetzbar waren. Nach vier Jahren Entwicklung gelang es ihm 1860 Seide maschinell zu verarbeiten. Die beiden Brüder gründeten mit ihrem Schwager J. Scheller-Schwarzenbach die Mechanische Seidenweberei Adliswil MSA, die sie zu einem erfolgreichen Unternehmen entwickelten.
Der jüngere Sohn von Oberst Zürrer, Theophil jun. (1866-1912), trat 1890 nach Ausbildungen in Adliswil, Lyon, London und Oberitalien in das Geschäft ein. Er heiratete 1895 Emmy Syfrig (1875-1954), die einzige Tochter des Seidenfabrikanten Syfrig aus Mettmenstetten. Nach dessen Tod fusionierten die beiden Unternehmen und die Firma wurde 1900 in Theophil Zürrer umbenannt. Neben seiner geschäftlichen Tätigkeit wirkte er während je zwei Amtsdauern als Gemeindepräsident und als Kantonsrat. Er war auch der erste Präsident des Verschönerungsvereins Hausen, der 1897 gegründet wurde. Als er 1912 starb, bildeten die verbliebenen Geschwister, Robert (1862-1920) und Fanny Mathilde (1873-1933), zusammen mit der Witwe die Kollektivgesellschaft Zürrer und Co., vormals T. Zürrer. Die Geschäftsleitung übergaben sie Direktor Emil Huber. Als Robert 1920 starb, zog sich seine Familie aus dem Geschäft zurück. Es waren Fannys Kinder, die den Familienbetrieb weiterführten und ihm den Namen Weisbrod-Zürrer gaben.
Fanny Zürrer heiratete 1904 den Weinhändler (Franz) Gustav Weisbrod (1876-1938). Dieser war das zweite Kind des oben erwähnten Franz Peter Weisbrod (1835-1927) und der Ida Margaretha Stutz (1847-1897), von Wettswil. Bekannt war Fanny vor allem dafür, dass sie die Leidenschaft ihres Vaters für das Reiten und Jagen teilte. Sie trug deshalb den Spitznamen Jägerfanny. Sechs Jahre nach ihrem Tod, übernahmen 1939 ihre Söhne Hubert, Richard und Hans Weisbrod die Kollektivgesellschaft unter dem Namen Weisbrod-Zürrer-Söhne.
Gustav Hubert Weisbrod (1905-1991), war der älteste der drei Söhne. Er besuchte zunächst die Sekundarschule in Affoltern am Albis. Nach einem Jahr an der Industrieschule in Zürich wechselte er an die Kantonsschule Trogen AR, die er mit der technischen Maturität abschloss. Anschliessend folgte das Studium der Rechtswissenschaften an den Universitäten in Zürich und Berlin. Nach seiner Dissertation etablierte sich Hubert Weisbrod als Anwalt in Zürich und spezialisierte sich auf Verkehrsunfälle. Er war zudem langjähriger Präsident der Sektion Zürich des Automobil Clubs der Schweiz ACS und wurde bekannt für seine geistreichen Ansprachen am jährlichen ACS-Martinimahl. 1943 heiratete er Mary Scherrer von Vilters SG. Die Ehe blieb kinderlos.
Auch (Max) Richard Weisbrod (1906-1991) besuchte zunächst die Sekundarschule in Affoltern am Albis und schloss anschliessend die Kantonsschule in Trogen AR mit der Matura ab. Auf Wunsch des Vaters schlug er die Laufbahn eines Seidenfabrikanten ein. Während eines Aufenthalts in Paris widmete er sich aber lieber der Malerei und präsentierte seine Werke in diversen Ausstellungen. Aufgrund von Exportproblemen wurde Richard Weisbrod damit beauftragt, in England eine Weberei aufzubauen. In Darwen gründete Richard mit zwei Partnern, Denis und Eric Weisters, 1933 die Lancashire Silk Mills sowie die Verkaufsgesellschaft Zurrer Silks. Richard Weisbrod heiratete 1934 Lucette Glardon von Vallorbe. Aus der Ehe gingen vier Kinder hervor. In zweiter Ehe war er verheiratet mit der Künstlerin José Christopherson (1914-2015).
Der jüngste Sohn, Hans Robert Weisbrod (1907-1984), besuchte ebenfalls zunächst die Sekundarschule in Affoltern am Albis und absolvierte seine Matura an der Kantonsschule in Trogen AR. Anschliessend folgte die Fachausbildung an der Zürcherischen Seidenwebschule. Später bildete sich Hans Weisbrod in London, Italien und Lyon in der Seidenweberei weiter. 1930 trat er schliesslich in die Firma ein. Er war zudem Präsident des Verbandes Schweizerischer Seidenstoff-Fabrikaten und der Internationalen Seidenvereinigung. 1932 heiratete er Marion Lonia Bühler (1907-1985), von Henau SG (Uzwil SG) und Hombrechtikon. Sie war eine in der Gemeinde sehr engagierte Person. Während des zweiten Weltkriegs war sie im zivilen Frauenhilfsdienst tätig und 1954 wurde sie Präsidentin des Blauen Kreuzes in Hausen am Albis. Die drohende Schliessung der Sonntagsschule in Ebertswil und die Frage, ob der Pfarrer Mitglied der Kirchenpflege sein soll, führte dazu, dass die beiden in den 1950er-Jahren einen jahrelangen Konflikt mit dem Pfarrer der Gemeinde austrugen. Marion Weisbrod betrieb zudem historische und genealogische Forschungen. 1961 publizierte sie eine Schrift über Zürichtal, eine Bauernkolonie in der Krim. 1962 folgte die Familienchronik der Familien Weisbrod und Zürrer und 1969 publizierte sie eine Geschichte der Kirche Hausen am Albis. Die beiden adoptierten drei Kinder, Verena Marion (geb. 1942), Hans Martin (geb. 1943) und Christoph Georg (geb. 1951).
Das Familienunternehmen wurde von Peter Ronald Richard Weisbrod (geb. 1942), Sohn des Richard Weisbrod, weitergeführt. Er wurde in Blackburn (Grossbritannien) geboren, besuchte zuerst die Grundschule in England und dann die Kantonsschule in Trogen AR. Nach einem Praktikum im Familienunternehmen in Hausen am Albis absolvierte er die Textilfachschule und anschliessend eine Handelsschule in Zürich. Es folgten weitere Studienaufenthalte in Paris und den Vereinigten Staaten von Amerika. 1967 trat Ronald als Juniorpartner in die Firma Weisbrod-Zürrer AG ein und übernahm nach dem Tod von Hans Weisbrod 1984 die Verantwortung für die Betriebsleitung. 1971 heiratete er Renate Aebli.
Ronald Weisbrods ältere Schwester, Annette Weisbrod (geb. 1937), war Konzertpianistin. Sie besuchte vorerst das Liverpool College in Huyton (Grossbritannien), zog 1955 nach St. Gallen und studierte bis 1959 am Konservatorium Zürich. Später erwarb sie das Solistendiplom am Konservatorium Basel. 1960 begann sie ihre Konzerttätigkeit. Später wurde sie ans Konservatorium Bern berufen, wo sie bis 2000 lehrte.
Benutzte Quellen und Literatur: Weisbrod-Zürrer AG (Hrsg.): 175 Jahre Weisbrod-Zürrer (1825-2000), Hausen am Albis, 2000 Weisbrod-Bühler, Marion: Die Seidenwaage, Chronik der Familien Zürrer und Weisbrod, Stäfa, 1962 Zürrer, Jacob, biografischer Artikel in: HLS |
Fondsgeschichte: | Ende 2011 lancierte die Zürcherische Seidenindustriegesellschaft ZSIG auf Anregung des Staatsarchivs Zürich ein Projekt, um die Bestände der Zürcher Seidenindustrie nachhaltig zu sichern, zu verzeichnen und einer interessierten Öffentlichkeit dauernd zugänglich zu machen. Hierfür gingen die ZSIG, das Schweizerische Nationalmuseum SNM und das Staatsarchiv eine Projektpartnerschaft ein. Nach dem gemeinsam entwickelten Modell gehen Geschäftsakten, Familienunterlagen und Fotografien ins Staatsarchiv; textile Bestände, Musterbücher und Objekte ins SNM. Der erste und umfassendste Teil des Familienarchivs gelangte als Schenkung mit der Ablieferung 2013/043 ins Staatsarchiv Zürich. Er wurde als Bestand W I 98 von Juli 2013 bis Juli 2014 durch Fabienne Lutz-Studer erschlossen. Später folgten mit der Ablieferung 2016/084 Unterlagen, die seit den 1980er-Jahren bei einer Historikerin lagerten. Sie hatte diese von einem Nachkommen der Familie Weisbrod zur Verfügung gestellt bekommen, um damit ihre Lizentiatsarbeit an der Universität Zürich zu schreiben. Ein Mitarbeiter im Forschungsprojekt Zürcher Seidenindustrie an der Hochschule Luzern war zufällig darauf gestossen, worauf die Historikerin die Unterlagen dem Staatsarchiv zur Verfügung stellte. Sie wurden als Bestand Z 747 im November 2016 durch Jan Kiepe erschlossen. Aus Gründen der Praktikabilität wurden die Unterlagen zur Firmen- und zur Familiengeschichte unter der gleichen Bestandessignatur verzeichnet. Zudem wurde bei den Unterlagen zur Familiengeschichte die Überlieferungsstruktur beibehalten; es wurde also darauf verzichtet, die Dossiers in die Verzeichnungsstruktur einzuordnen, die bei der Erschliessung der Ablieferung 2013/043 angelegt worden war. |
Access regulations: | Es gelten die gleichen Einschränkungs- und Schutzfristen wie für staatliche Unterlagen. |
Related material: | W I 97 und Z 747 Weisbrod-Zürrer AG, Seidenfabrikation, Hausen am Albis W I 110 Mechanische Seidenstoffweberei Adliswil |
Bestände: | W I 98, Z 747 |
Level: | Fonds |
Weblinks: | Artikel im HLS |
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Related units of description |
Related units of description: | Siehe: Mechanische Seidenstoffweberei Adliswil MSA, Adliswil, 1867-1994 (Fonds)
Siehe: Weisbrod-Zürrer AG, Seidenfabrikation, Hausen am Albis, 1775-2011 (Fonds)
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Usage |
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Physical Usability: | Uneingeschränkt |
Accessibility: | [Leer] |
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URL: | https://suche.staatsarchiv.djiktzh.ch/detail.aspx?ID=1423879 |
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